Ausweis für schwerbehinderte Menschen
Der Schwerbehindertenausweis dient als Nachweis der Behinderung. Er wird von der zuständigen Behörde nach bundeseinheitlichen Gesetzen ausgestellt. Mit diesem Ausweis erhalten Betroffene das Anrecht auf den Ausgleich finanzieller Nachteile, die durch die Behinderung entstehen. Dazu können mit dem Ausweis bestimmte Leistungen und Vergünstigungen wahrgenommen werden. Diese sind abhängig vom Grad der Behinderung und den im Ausweis eingetragenen Merkzeichen.
Zunächst wird der Grad der Behinderung (abgekürzt GdB) festgelegt. Er wird über die Sehschärfe und/oder die Einschränkung des Gesichtsfeldes ermittelt.
Jeder Antragsteller erhält einen Feststellungsbescheid, in dem die Behinderung und evtl. Merkzeichen beschrieben sind.
Ein Ausweis wird erst ab einem Grad der Behinderung von 50 ausgestellt.
Bestimmung des GdB über die Sehschärfe
- Beträgt die Sehschärfe auf dem linken Auge 0,2 und auf dem rechten Auge 0,05 ergibt sich ein Grad der Behinderung (GdB) von 60, Merkzeichen RF.
- Beträgt die Sehschärfe auf dem linken Auge 0,1 und auf dem rechten Auge 0,08 ergibt sich ein GdB von 70, Merkzeichen RF, G und B.
- Beträgt die Sehschärfe auf dem besseren Auge (mit Brille oder Kontaktlinsen) nicht mehr als 0,05 ergibt sich ein GdB von 100, Betroffene gelten als hochgradig sehbehindert und erhalten zusätzlich das Merkzeichen H.
- Beträgt die Sehschärfe auf dem besseren Auge (mit Brille oder Kontaktlinsen) 0,02 oder weniger, gelten Betroffene vor dem Gesetz als blind und erhalten einen GdB von 100 und das Merkzeichen Bl.
Bei der Ermittlung des GdB wird die Einschränkung des Gesichtsfeldes zusätzlich berücksichtigt. Der Grad der Behinderung kann steigen, wenn eine gewisse Einschränkung des Gesichtsfeldes vorliegt. Damit können Merkzeichen auch bei einer Sehschärfe (Visus) zuerkannt werden, die normalerweise keine Merkzeichen bedingen würde.
Die Zuordnung von Sehschärfe (Visus) und Gesichtsfeld im Hinblick auf den GdB ist in vielen Varianten geregelt. In Einzelfällen kann der Landesblindenarzt entscheiden. Das Gesichtsfeld muss deutlich eingeschränkt sein, wenn es bei der Einschätzung des GdB berücksichtigt werden soll.
Beispiele:
- Die Sehschärfe beträgt 0,5 auf dem besseren Auge und das Gesichtsfeld beträgt nicht mehr als 10°. Daraus ergibt sich ein GdB von 100, die Anerkennung hochgradige Sehbehinderung, Merkzeichen RF, G, B, H.
- Die Sehschärfe beträgt 1,0 auf dem besseren Auge und das Gesichtsfeld beträgt nicht mehr als 5°. Daraus ergibt sich ein GdB von 100, die Anerkennung der Blindheit, Merkzeichen RF, G, B, H und Bl.
Visus | Gesichtsfeld | Hochgradige Seheinschränkung/Blindheit Grad der Behinderung Merkzeichen |
Besser als 2/10 ≤ 0,2 ≤ 20 % | Die Grenze des Restgesichtsfeldes ist in keiner Richtung mehr als 10° vom Zentrum entfernt; Gesichtsfelder jenseits von 50° bleiben unberücksichtigt. | = Hochgradige Sehbehinderung, |
Weniger oder gleich 2/10 ≤ 0,2 ≤ 20 % | Im zentralen Bereich liegen große Gesichtsfeldausfälle vor; im 50° Gesichtsfeld sind unterhalb des horizontalen Meridians mehr als 2/3 ausgefallen. | = Hochgradige Sehbehinderung, GdB 100 G RF B H |
Weniger oder gleich 1/30 ≤ 0,033 ≤ 3,3% | Die Grenze des Restgesichtsfeldes ist in keiner Richtung mehr als 30° vom Zentrum entfernt; Gesichtsfeldreste jenseits von 50° bleiben unberücksichtigt. | = Blindheit, GdB 100 G RF B H Bl |
Weniger oder gleich 1/20 ≤ 0,05 ≤ 5% | Die Grenze des Restgesichtsfeldes ist in keiner Richtung mehr als 15° vom Zentrum entfernt; Gesichtsfeldreste jenseits von 50° bleiben unberücksichtigt. | = Blindheit GdB 100 G RF B H Bl |
Weniger oder gleich 1/10 ≤ 0,1 ≤ 10% | Die Grenze des Restgesichtsfeldes ist in keiner Richtung mehr als 7,5° vom Zentrum entfernt; Gesichtsfeldreste jenseits von 50° bleiben unberücksichtigt. | = Blindheit GdB 100 G RF B H Bl |
Besser als 1/10 ≤ 0,1 ≤10 % | Die Grenze des Restgesichtsfeldes ist in keiner Richtung mehr als 5° vom Zentrum entfernt; Gesichtsfeldreste jenseits von 50° bleiben unberücksichtigt. | = Blindheit GdB 100 G RF B H Bl |
Weniger oder gleich 1/10 ≤ 0,1 ≤10% | Beidäugige halbseitige Gesichtsfeldausfälle, die gleichseitig liegen; das beidäugige Gesichtsfeld besitzt in der Horizontalen nicht mehr als 30° Durchmesser. | = Blindheit GdB 100 G RF B H Bl |
Weniger oder gleich 1/10 ≤ 0,1 ≤ 10% | Beidäugige halbseitige Gesichtsfeldausfälle, die gekreuzt liegen; es besteht kein beidäugiges Sehen. | = Blindheit |
Merkzeichen dienen dem Nachteilsausgleich und bringen bestimmte Vergünstigungen mit sich. Aufgrund einer Seheinschränkung werden zu bestimmten GdB folgende Merkzeichen zuerkannt:
GdB 60:
Merkzeichen: RF
Ermäßigung der Rundfunkgebühren auf ein Drittel; Ermäßigung von Telefoneinheiten bei der Telekom; Steuerfreibetrag
GdB 70:
Merkzeichen: G
Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr; Freifahrt im öffentlichen Personennahverkehr mit Kostenbeteiligung oder Kfz-Steuerbefreiung um 50%; Steuerfreibetrag
GdB 70:
Merkzeichen: B
Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson ist nachgewiesen; die Begleitperson fährt kostenlos, solange sie den behinderten Menschen begleitet, gilt auch im Fernverkehr; Gebührenfreie Platzreservierung für zwei Personen bei der Deutsche Bahn AG; Steuerfreibetrag
GdB 100:
Merkzeichen H:
Hilflosigkeit; Freifahrt im öffentlichen Personennahverkehr ohne Kostenbeteiligung und Kfz-Steuerbefreiung; Steuerfreibetrag; Anspruch auf Hilfe für hochgradig Sehbehinderte; anteilige Erstattung von Taxifahrten zur ambulanten Behandlung
GdB 100:
Merkzeichen: Bl
Blindheit; Freifahrt im öffentlichen Personennahverkehr; Kfz-Steuerbefreiung; Steuerfreibetrag; Parkausweis zum Parken auf gekennzeichneten Parkplätzen und zu Parkerleichterungen im eingeschränkten Halteverbot und in Anwohnerparkzonen; anteilige Erstattung von Taxifahrten zur ambulanten Behandlung; Anspruch auf Blindengeld
Ist das Merkzeichen G im Ausweis eingetragen, können Begünstigte den öffentlichen Personennahverkehr nutzen, wenn eine kostenpflichtige Wertmarke beantragt wird. Sie kostet 46 € pro Halbjahr bzw. 91 € für ein ganzes Jahr.
Ist zusätzlich das Merkzeichen H eingetragen, wird die Wertmarke kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Die Kostenübernahme für Fahrten zu ambulanten Behandlungen müssen von den Ärzten verordnet werden, jede Fahrt für sich.
Die Krankenkasse übernimmt anteilig die Kosten, wenn:
- Für die jeweilige Person ein Schwerbehindertenausweis mit einem der Merkzeichen aG, Bl oder H vorliegt. Oder:
- Die jeweilige Person einen Pflegegrad 3 mit Mobilitätseinschränkungen oder Pflegegrad 4 oder 5 besitzt. Oder:
- Es sich um Fahrten in festgelegten Ausnahmefällen handelt, wie beispielsweise Dialyse. Oder:
- Die Erkrankung eine hohe Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum erfordert (also viele Termine) und wenn wegen der Folgen der Erkrankung (z.B. eine starke Seheinschränkung nach einer IVOM-Therapie) die Beförderung unerlässlich ist.
In diesem Fall muss der Arzt bescheinigen, dass es sich um eine Erkrankung mit hoher Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum handelt. Bescheinigt werden muss auch, dass nach der Behandlung mit der IVOM-Therapie die Sehfähigkeit des Patienten für einen gewissen Zeitraum so seheingeschränkt ist, dass sie dem Merkzeichen H gleichzusetzen ist (Visus 0,05), weil der Patient z.B. einäugig ist oder das bessere Auge behandelt werden muss und das nicht behandelte Auge deutlich seheingeschränkt ist. Diese Bescheinigung muss dem Antrag an die Krankenkasse auf Kostenübernahme, der vor der Behandlung gestellt werden muss, beigefügt werden. Die Kosten werden erst übernommen, wenn die Krankenkasse den Antrag positiv beschieden hat.
Der Arzt muss eine Verordnung ausstellen.
Die Krankenkasse übernimmt die Fahrtkosten abzüglich eines Eigenanteils, der zwischen 5 und 10 Euro liegt. Erfragen Sie bei Ihrer Krankenkasse mit welchen Taxiunternehmen sie zusammenarbeitet.
Eine vorherige Genehmigung durch die Krankenkasse ist erforderlich, wenn die Beförderung zu einer ambulanten Behandlung mit einem Krankentransportwagen erfolgen muss.
Ihre Ansprechpartner vor Ort: Ihre Krankenkasse
Voraussetzung für die Bewilligung eines Parkausweises ist das Merkzeichen Bl oder aG (außergewöhnlich gehbehindert). Der Parkausweis wird bei der Kommunalverwaltung beantragt. Dazu werden neben dem Schwerbehindertenausweis der Personalausweis und ein Passbild benötigt.
Antragsformulare erhält man bei der Kommunalverwaltung. Dort bekommt man auch Unterstützung beim Ausfüllen des Formulars.
In einigen Bundesländern ist es möglich, den Antrag online zu stellen.
Dem Antrag müssen keine ärztlichen Gutachten beigefügt werden. Sind aktuelle Gutachten vorhanden, können diese mit eingereicht werden.
Für alle Anträge gilt: Sind die vorgegebenen Grenzen der Sehfähigkeit bzw. des Gesichtsfeldes für die Anerkennung gewünschter Merkzeichen nicht eingehalten, lohnt es sich nicht, einen Antrag zu stellen. Die begutachtenden Stellen haben keine Ermessensspielräume. Diese Anträge werden abgelehnt, es lohnt auch keine Klage.
Berufstätige Menschen mit einer Seheinschränkung sollten einen Schwerbehindertenausweis beantragen, auch wenn der GdB unter 50 liegt und damit kein Ausweis ausgestellt wird. Mit dem Feststellungsbescheid kann die Beeinträchtigung nachgewiesen werden.
Schwerbehinderte Menschen im Berufsleben haben:
- einen speziellen Kündigungsschutz,
- erhalten zusätzliche Urlaubstage, GdB von mindestens 50
- können früher in Altersrente gehen, GdB von mindestens 50
- haben Anspruch auf eine sehbehindertengerechte Arbeitsplatzausstattung und
- haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine Arbeitsplatzassistenz.
Mehr Infomationen zur Beruftstätigkeit mit einer Sehbehinderung erhalten Sie hier.
Antragsformulare erhält man bei der Kommunalverwaltung, dort bekommt man auch Unterstützung beim Ausfüllen des Formulars. Auf der Seite www.einfach-teilhaben.de finden Sie alle Adressen und Onlineformulare. In einigen Bundesländern ist es möglich, den Antrag online zu stellen. Dem Antrag müssen keine ärztlichen Gutachten beigefügt werden. Sind aktuelle Gutachten vorhanden, können diese mit eingereicht werden.