AMD - Und plötzlich sieht die Welt ganz anders aus

Die Sehkraft ist schlecht, eine neue Brille muss her, denkt der Patient. Nach der Diagnose sieht die Welt anders aus: aus Patient wird Betroffener. AMD heißt die Diagnose. Das „AMD-Netz“ möchte verblüffte Betroffene aufklären.

„Oh, ich habe Makula. Ja, was ist das denn?“ Derart verblüfft reagieren fast alle Patienten nach der Diagnose, berichtet Dr. med. Maria Baumgart. „Entweder haben sie überhaupt keine Vorstellung von der Erkrankung oder sie haben einen Freund, der mit der Erkrankung große Schwie­rig­kei­ten hat.“ Aber wie kommt es überhaupt zu einer alter­sabhängigen Makula-Degeneration (AMD), was benötigen Betroffene zur Aufklärung und inwiefern hilft das münsterische „AMD-Netz“ dabei?

„Ich kann schlechter sehen, ich brauche eine (neue) Brille“ – mit dieser Vermutung kämen zahlreiche Patienten in ihre Praxis, berichtet Baumgart. Aber: „Vor allem bei älteren Menschen liegt der Grund für eine Sehschwäche manchmal tiefer begründet.“ Wenn der Sehtest mit Buchstaben und Zahlen trotz bester Bril­len­stärke schlecht verläuft, liegt eine organische Krankheit vor. Die gängigsten Erkrankungen seien der Graue und Grüne Star, die Alters­weit­sich­tig­keit – und: AMD, als eine der häufigsten Ursachen für eine starke Seh­ein­schränk­ung im Alter.

Verzerrte Linien, unscharfe Gesichter

„Frühe Stadien einer AMD führen zu einem erhöhten Licht­be­dürf­nis am Tag, zum Beispiel beim Lesen, und zu einer gesteigerten Blen­d­emp­find­lich­keit, etwa beim Autofahren im Dunkeln“, erklärt Prof. Dr. Daniel Pauleikhoff, erster Vorsitzender des „AMD-Netz“. In einem späteren Stadium seien gerade Linien verzerrt und gebogen. Regelmäßige Kontrollen ab dem 60. Lebensjahr seien im Zuge einer Früh­er­ken­nung essenziell.

Die Erkrankung entstehe an der Makula, der Stelle der Netzhaut, die für scharfes Sehen wichtig ist. Betroffene verlieren die Fähigkeit, scharf zu sehen, behalten allerdings ihre Orientierung im Raum. Auch wenn Betroffene ab einem gewissen Stadium so schlecht sehen, dass sie nahezu erblinden, bleiben die Wahrnehmung des äußeren Gesichts­fel­des sowie von Hell und Dunkel erhalten. Im Augenwinkel werden Strukturen und Bewegungen

Die trockene AMD verläuft langsam, kann aber bis dato nicht wirksam behandelt werden. Die feuchte AMD, als zweite Form der Erkrankung, führt schneller zu Ein­schränk­ungen, lässt sich aber per Spritze in den Glaskörper des Auges behandeln. „Das ist extrem erfolgreich, für den Patienten aber eine große Belastung“, erklärt Baumgart. Einmal im Monat müssen die Patienten zum Termin erscheinen, ein paar Tage später zur Nachkontrolle. „Aber sie nehmen das auf sich, denn damit kann man sehr viel erreichen.“ Die Erkrankung werde mit der Therapie zwar nicht verbessert, aber gestoppt.

Bilder, statt Papierkram: „AMD-Netz“ stellt Videos bereit

Unmittelbar nach der Diagnose ständen viele Patienten unter Schock. Sie können die Informationen (noch) nicht aufsaugen und verarbeiten. Die Zeit vieler Augenärzte, den Patienten die viel­schich­tige und individuelle Erkrankung zu erklären, sei ohnehin knapp. „Da ist es total hilfreich, ihnen eine Broschüre zu geben und sie schauen in Ruhe zu Hause drauf“, sagt Baumgart.

Bereits seit einigen Jahren halte das „AMD-Netz“ individuell auf das jeweilige Stadium zuge­schnit­tene Infor­mations­mat­erialien für Patienten bereit, die in vielen Auge­n­a­rzt­pra­xen ausgegeben werden, berichtet Pauleikhoff und erklärt: „Es bestehen allerdings zwei Hürden: Zum einen müssen die Informationen vor Ort ausgedruckt werden, zum anderen können die gedruckten Informationen von vielen bereits seh­be­hin­der­ten Patienten nicht ohne Hilfe gelesen werden.“

Deshalb möchte der gemein­nüt­zige Verein schon bald ein Videoformat an den Tag legen, das die Informationen knapp und verständlich in Ergänzung zum Arzt-Pati­en­ten­ge­spräch erklärt. „Die Idee ist toll“, findet Augenärztin Baumgart, die ihre Patienten seit Jahren auf die aufklärenden Informationen des „AMD-Netz“ hinweist. Der Verein aus Münster sammelt mithilfe der WN-Spendenaktion Geld für die aufwendige Produktion der Videos. „Es ist eine Hürde, einen trockenen Text zu einem Thema, das einem nicht behagt, zu lesen. Sich alles per Video anzuschauen und anzuhören, kann da sehr helfen“, sagt Baumgart abschließend.

Drei Fragen an Prof. Dr. Daniel Pauleikhoff

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