Blinde Menschen vom Eur­o­pa­wahl­kampf aus­ge­schlos­sen

Berlin, 9. Mai 2019. Kann sich ein blinder Mensch selbst­stän­dig auf die Europawahl vorbereiten? Kann er oder sie die unter­schied­lichen politischen Positionen vergleichen, um sich eine Meinung zu bilden? Der Deutsche Blinden- und Seh­behinderten­verband e.V. (DBSV) hat die digital angebotenen Informationen zum Eur­o­pa­wahl­kampf 2019 getestet und stellt vielen Parteien ein schlechtes Zeugnis aus.

Und das ist wörtlich gemeint: Der DBSV verschickt heute per Twitter und Facebook Zeugnisse. Unter dem Hashtag #Zeug­nis­ver­gabe erfährt dann bei­spiels­weise die CDU, dass sie gerade mal Platz 36 von 40 belegt. Auch bei der AfD ist die Versetzung gefährdet. Klassenbester ist Die Linke. SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen dagegen bewegen sich im Mittelfeld und müssen sich von Parteien wie der NPD und der Sozi­a­lis­ti­schen Gleich­heits­par­tei abhängen lassen.

Auffallend im Test ist das niedrige Gesamtniveau, selbst die Besten leisten sich grobe Schnitzer bei der Barriere­freiheit. „Zehn Jahre nach Inkrafttreten der UN-Behin­der­ten­rechts­kon­ven­tion wird es blinden Menschen in Deutschland völlig unnö­ti­ger­weise schwer gemacht, sich vor dieser wichtigen Wahl zu informieren", lautet die Bilanz des DBSV-Geschäfts­füh­rers Andreas Bethke.

Der Test

Blinde und auch viele sehbehinderte Personen nutzen einen Screenreader, ein elek­tro­ni­sches Vor­le­se­pro­gramm, um im Internet zu surfen. Zwischen dem 17. und dem 24. April 2019 hat ein blinder Redakteur des DBSV mit einem kostenfrei verfügbaren Screenreader die Inter­netsei­ten, Wahlprogramme und Social-Media-Kanäle aller zur Europawahl 2019 zugelassenen Parteien überprüft und mit Schulnoten bewertet. Auf dieser Basis hat der DBSV dann eine Rangliste erstellt.

Seit vielen Jahren gibt es klare Standards, wie Inter­netsei­ten und PDF-Dateien barrierefrei zu gestalten sind, so dass blinde User sie lesen können. Auch Twitter und Facebook haben sich auf Menschen mit Seh­ein­schränk­ung zubewegt, bei­spiels­weise durch die Möglichkeit, Bilder mit Beschrei­bun­gen zu versehen.

Leider ist nur ernüchternd wenig davon bei Deutschlands Parteien angekommen. So bietet keine einzige Partei Bild­be­schrei­bun­gen auf den sozialen Medien an und nur eine Partei, Bündnis C, stellt ein bar­rie­re­freies Wahlprogramm im PDF-Format zur Verfügung. Die Qualität der Inter­netsei­ten ist dagegen breit gestreut, von gut zugänglich bis völlig unnavigierbar.

Quelle: Deutscher Blinden- und Seh­behinderten­verband e. V., Pres­se­spre­cher Volker Lenk

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