Übersetzung einer Veröffentlichung von RANZCO (The Royal Australian and New Zealand College of Ophthalmologists), der Gesellschaft der Augenärzte Australiens und Neuseelands, zum Thema
Charles-Bonnet-Syndrom
Genehmigt durch die Gesellschaft: 24. Sept 2014
Nächste Überarbeitung: 24. Sept 2017
The Royal Australian and New Zealand College of Ophthalmologists
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1. Hintergrund und Ziel
Das Charles-Bonnet-Syndrom (CBS) ist eine zu wenig beachtete Erscheinung, welche Menschen mit Verlust an Sehvermögen (low vision) betreffen kann. Der Verlust an Sehvermögen kann durch verschiedene Erkrankungen bedingt sein, z. B. altersabhängige Makuladegeneration (AMD), Glaukom, aber auch diabetische Retinopathie.
Mit dieser Veröffentlichung, die sich an Ophthalmologen, Patienten und diejenigen, die ihnen helfen, richtet, soll das Bewusstsein für das CBS geschärft und die Kenntnis dieser Erscheinungen/Beschwerden verbreitet werden.
2. Ursachen und Krankheitsbild
Das CBS wurde zuerst in 1769 von Charles Bonnet (1720-1792) beschrieben. Charles Bonnet war ein berühmter Naturforscher und Philosoph, er beschrieb die visuellen Halluzinationen seines erblindeten Großvaters. Seinen Namen erhielt dieses Syndrom durch George de Moasier, der, ebenso wie Charles Bonnet, in Genf (Schweiz) geboren war.
Das CBS ist durch lebhafte, kunstvoll ausgeprägte und wiederkehrende visuelle Halluzinationen bei ansonsten psychisch völlig normalen Mitbürgern und Mitbürgerinnen charakterisiert (1). Es tritt meistens bei älteren Personen auf, die unter visueller Beeinträchtigung leiden. Die altersabhängige Makuladegeneration wurde als eine Hauptursache ermittelt. In einer Studie wurde für eine Bevölkerungsgruppe von Älteren mit stark herabgesetztem Sehvermögen (Low Vision) eine Prävalenz von 17,5 % gefunden (2). Jedoch betonen manche Autoren, dass spezifische diagnostische Kriterien bislang noch nicht etabliert wurden und somit die Prävalenz schwierig zu definieren sei.
Die Forschung hat herausgefunden, dass CBS bei Menschen mit stark herabgesetztem Sehvermögen oft vorkommt. In einer 2008 veröffentlichten Studie wurde berichtet, dass 24% von 50 Patienten in einer Klinik für Patienten mit schwerer Sehbehinderung (low vision clinic) über Symptome des CBS berichteten, wobei die Hälfte der Patienten täglich Halluzinationen hatte (3). In einer in den Niederlanden durchgeführten prospektiven Studie wurde bei Patienten mit altersabhängiger Makuladegeneration (AMD) und einer Sehschärfe von maximal 0,3 auf dem besser sehenden Auge eine Prävalenz von 11% gefunden (4). Komplexe Halluzinationen betreffen vorwiegend Patienten mit geringer Sehschärfe, größeren Gesichtsfeldausfällen und geringen sozialen Kontakten.
CBS kann durch eine Augenerkrankung von Bedeutung wie AMD hervorgerufen werden, aber auch durch Ursachen, die in der Hirnrinde liegen, wie eine Schädigung der sensorischen Nervenfasern in der Hirnrinde, der äußeren Schicht des im Schädel liegenden Gehirns. Eine einfache Erklärung ist, dass die visuellen Halluzinationen, die von einigen Menschen mit einem Sehverlust erlebt werden, mit den Phantom-Sensationen zu vergleichen sind, die nach einer Amputation auftreten können – das Gehirn ist aktiv und füllt die Lücken im Sehen, verursacht durch die zugrunde liegende Krankheit, aus.
CBS-Halluzinationen können von einfachen Figuren oder Formen und Farbpunkten bis hin zu detaillierten Bildern von Menschen, Tieren, Landschaften oder Gebäuden reichen. Diese Bilder sind gewöhnlich für wenige Minuten sichtbar, können aber in manchen Fällen einige Stunden anhalten. CBS betrifft nur das Sehen und keinen der anderen Sinne, insbesondere das Hören, den Geruch-, Tast- oder Geschmacksinn. Die Patienten können bis zu 18 Monaten das CBS erleben, ehe die Halluzinationen weniger oft auftreten, dieses ist jedoch sehr variabel und kann u. U. auch nie aufhören.
CBS tritt nicht nur bei Patienten mit AMD auf, sondern auch bei anderen Erkrankungen, die das visuelle System beeinträchtigen. In Fällen von Hemianopsie (Blindheit in der Hälfte des Gesichtsfeldes) infolge einer Operation des Gehirns tendieren die Halluzinationen dazu, sich nach mehreren Wochen zu verlieren. Patienten mit Hypophysentumoren bemerkten, dass die Halluzinationen funkelnden Lichtern wichen, als der Tumor entfernt war.
3. Für Ophthalmologen
Um die Angst, die mit dem Auftreten des CBS verbunden sein kann, zu mindern, sollten Ophthalmologen, insbesondere diejenigen, die in der visuellen Rehabilitation arbeiten, mit dem CBS vertraut sein und das mögliche Auftreten dieses Syndroms mit Patienten besprechen, die Sehvermögen durch Bedingungen wie AMD, Glaukom und diabetische Retinopathie eingebüßt haben.
CBS kann für Patienten sehr peinlich sein, so dass sie es zu einer Zeit, in der sie sich mit ihrer Sehminderung beschäftigen, denjenigen, die ihnen professionelle ophthalmologische Hilfe zukommen lassen (eye health professionals), nicht mitteilen, aus Furcht, missverstanden zu werden, sie hätten sie eine Geisteskrankheit, insbesondere Demenz. Um dieses Psychotrauma (impact hier im übertragenen, abstrahierenden Sinne frei übersetzt) und die Besorgnis (Angst) zu mindern, sollten eye health professionals (s. o.) dieses Syndrom kennen und bei Bedarf Hilfe und Rat geben. Andere neurologische Symptome sollten prompt Anlass zu wei-terer Diagnostik geben.
Es ist wichtig, dass Patienten darüber informiert sind, dass das Auftreten von visuellen Halluzinationen nach einem Verlust an Sehen nicht ungewöhnlich und kein Anzeichen für Demenz oder eine Geisteskrankheit ist. Alleine dieses Wissen ist eine große Hilfe und trägt zur Lebensqualität bei. Sie können die Empfehlung erhalten, die Halluzinationen zu vermindern oder zu verscheuchen (eliminated completely), indem sie ihre direkte Umgebung (z. B. Änderung der Helligkeit im Raum) oder ihre Aktivitäten (z. B. aufstehen und gehen) ändern. In manchen Fällen kann das CBS durch Verbesserung des Sehens, sei es ophthalmologisch oder augenoptisch (low vision rehabilitation), gebessert werden.
4. Für Patienten und diejenigen, die ihnen helfen
- Das Erleben visueller Halluzinationen nach einem Verlust an Sehen ist nicht ungewöhnlich und kein Anzeichen für Demenz oder Geisteskrankheit.
- Es ist keine wirklich wirksame Behandlung des CBS bekannt, aber es kann helfen, wenn Sie mit Ihrem Hausarzt, denjenigen, die Ihnen professionelle ophthalmologische Hilfe zukommen lassen (eye health professionals), Familie, Freunden oder denen, die Ihnen helfen, über Ihre Halluzinationen sprechen.
- CBS-Halluzinationen betreffen nur das Sehen, nicht jedoch das Hören, Riechen, Schmecken oder Berühren.
- In manchen Fällen werden die CBS-Halluzinationen verschwinden, indem man die Augen schließt, die direkten Umgebungsbedingungen ändert oder eine andere Tätigkeit ausführt. Zum Beispiel versuchen Sie, das Licht anzuschalten, wenn die Halluzinationen im Dunklen auftreten. Auch sollen Augenbewegungen helfen können.
5. Literatur: siehe Originalarbeit
6. Genehmigung
Seite Details der Genehmigung Datum
Das gesamt Dokument genehmigt 24. September 2014
This document was translated by me, not word by word, but sense by sense, as I got the permission by RANZCO to perform this translation. I got also the permission to send the original paper and my translation to colleagues and scientific friends, especially to the AMD-Netz NRW in Münster/ Germany, provided RANZCO is acknowledged as the source.
Many thanks for your help to Scot Muirden (Charles Bonnet Syndrome Foundation, Australia, www.charlesbonnetsyndrome.org), Gerhard Schlenther (RANZCO, www.ranzco.edu) and Dominic Ffytche (Macular Disease Society, London, macularsociety.org).
If you find any mistakes or unclear expressions in my text, please let me know, thank you very much!
Udo Hennighausen Hamburg, April, 17th, 2016
Dr. Udo Hennighausen
Augenarztpraxis Hinz/ Opitz, Markt 9, D 25746 Heide, Germany
e-mail: Udo.Hennighausen@web.de