Erhöhtes Risiko für Komplikationen bei Kataraktoperationen
Patienten mit altersbedingter Makuladegeneration oder diabetischem Makulaödem erhalten häufig intravitreale Injektionen, um das Fortschreiten ihrer Erkrankung zu kontrollieren. Diese Behandlung macht jedoch Kataraktoperationen riskanter.
Die Kataraktoperation zählt weltweit zu den häufigsten chirurgischen Eingriffen. Besonders betroffen sind Patienten mit altersbedingter Makuladegeneration (AMD) oder diabetischem Makulaödem (DME), die häufig über Jahre hinweg intravitreale Injektionen von anti-VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor) erhalten, um das Fortschreiten ihrer Erkrankung zu kontrollieren. Diese Injektionen haben sich als sehr effektiv erwiesen, bergen jedoch auch langfristige Risiken für das Auge – insbesondere dann, wenn später eine Kataraktoperation notwendig wird.
Eine neue retrospektive Kohortenstudie, die bei der Jahrestagung der American Academy of Ophthalmology (AAO) 2024 präsentiert wurde, untersuchte die Auswirkungen einer vorangegangenen Behandlung mit intravitrealen Injektionen auf das Risiko postoperativer Komplikationen bei Patienten, die sich einer Kataraktoperation unterzogen haben. Die Ergebnisse dieser Studie werfen ein neues Licht auf die Notwendigkeit einer sorgfältigen prä- und postoperativen Planung bei solchen Patienten.
Vergleichende Analyse von Komplikationen bei Kataraktoperationen
Winnie Yu von der medizinischen Fakultät der University of Toronto Temerty in Toronto, Ontario, und ihr Team analysierten die Daten von 170.428 Personen im Alter von mindestens 20 Jahren mit Netzhauterkrankungen, die zwischen 2009 und 2018 eine Kataraktoperation durchführten. Die Forschenden verglichen 5.960 Patienten, die höchstens 20 Tage vor der Operation eine oder mehrere intravitreale Anti-VEGF-Injektionen in jedem Auge erhalten hatten, mit 164.468 IVI-naiven Patienten. Die Mehrheit war weiblich (53,4%) und über 65 Jahre alt (75,7%).
Ziel der Analyse war es, die Häufigkeit von visuell signifikanten postoperativen Komplikationen wie Glaskörperblutung, zurückgebliebene Linsenfragmente, Netzhautablösung, Netzhautrisse, Hornhauttransplantationen, Intraokularlinsenaustausch (IOL), IOL-Neupositionierung und Glaukomoperationen bei Patienten mit und ohne Vorgeschichte intravitrealer Injektionen zu vergleichen. Zur Berechnung der bereinigten Risikoverhältnisse (aHR) mit 95%-Konfidenzintervallen (95%-KI) wurden multivariable Cox-Proportional-Hazard-Modelle verwendet.
Postoperative Komplikationen nach intravitrealer Therapie
Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten mit intravitrealen Injektionen in der Vorgeschichte signifikant häufiger von verschiedenen Komplikationen betroffen waren, darunter:
- Persistierende vitreöse Blutung (aHR 3,37)
- Zurückgebliebene Linsenfragmente (aHR 2,00)
- Netzhautablösung (aHR 3,63)
- Retinale Risse (aHR 3,24)
- Dislokation der intraokularen Linse (aHR 1,97)
- Anteriore Vitrektomie (aHR 1,67)
- Glaukomoperation (aHR 4,03)
Interessanterweise wurde kein erhöhtes Risiko für andere Komplikationen wie Hornhauttransplantationen oder IOL-Austausch festgestellt.
Höheres Risiko durch IVI-Behandlung
Die Studie zeigt klar, dass Patienten, die zuvor intravitreale Injektionen erhielten, ein signifikant höheres Risiko für postoperative Komplikationen bei der Kataraktchirurgie aufwiesen. Dies deutet darauf hin, dass die Behandlung mit anti-VEGF-Medikamenten tiefgreifende Auswirkungen auf das Auge haben könnte, die sich erst während späterer Eingriffe manifestieren. Besonders die erhöhte Inzidenz von Netzhautrissen und -ablösungen sowie persistierenden vitreösen Blutungen unterstreichen die Notwendigkeit einer sorgfältigen prä- und postoperativen Planung.
Weiterer Forschungsbedarf
Obwohl die Studie wichtige Hinweise auf die Risiken einer Kataraktoperation bei Patienten mit einer Vorgeschichte von intravitrealen Injektionen liefert, bleiben noch viele Fragen offen. So ist beispielsweise unklar, inwieweit die Häufigkeit und Schwere der Komplikationen durch spezifische Faktoren wie die Art des verwendeten aVEGF-Inhibitors oder die Anzahl der Injektionen beeinflusst werden. Weitere prospektive Studien sind erforderlich, um diese Zusammenhänge genauer zu untersuchen und spezifische Empfehlungen für die Patientenbehandlung zu entwickeln, so die Studienautoren.
Quelle: Gelbe Liste