Feuchte AMD: Messung der Pro­te­in­spie­gel in der Augen­flüs­sig­keit kann Therapiedauer vorhersagen

Forscher der Johns Hopkins Medicine haben her­aus­ge­fun­den, dass die Konzentration eines bestimmten Proteins in der Augen­flüs­sig­keit eine Vorhersage der Therapiedauer bei feuchter alters­be­ding­ter Makula­degeneration (nAMD) ermöglichen könnte.

Das Protein könnte den Forschenden zufolge außerdem neue The­ra­pie­mög­lich­kei­ten eröffnen, um den Sehverlust bei nAMD-Patienten zu stoppen. Ver­öf­fent­licht wurden die Ergebnisse Fachjournal „Journal of Clinical Investigation Insight“.

Die AMD ist die häufigste Ursache für Sehverlust bei Menschen ab 50 Jahren, von der schät­zungs­weise 7,3 Millionen Menschen allein in den USA betroffen sind. Die Stan­dard­be­hand­lung der feuchten AMD erfordert monatliche oder zwei­mo­nat­li­che Augen­i­n­jek­ti­o­nen mit Anti-VEGF-Medikamenten. Die Injektionen sind kostspielig und unbequem. Zudem bergen sie das Risiko einer Infektion, Netz­haut­ablö­sung und anderer Neben­wir­kun­gen. Deshalb untersuchte das For­schungs­team Mög­lich­kei­ten, um Untergruppen von Patienten zu iden­ti­fi­zie­ren, welche die Injek­ti­ons­the­ra­pie ohne weiteren Sehverlust sicher reduzieren oder sogar beenden können.

„Die Proteine im Auge können uns helfen, Patienten zu iden­ti­fi­zie­ren, die von diesen Therapien entwöhnt oder auf andere, neue Wege zur Abgabe dieser Medikamente an die Netzhaut umgestellt werden können“, sagt Prof. Akrit Sodhi, außer­or­dent­li­cher Professor für Augen­heil­kunde sowie Branna und Irving Sisenwein Professor für Augen­heil­kunde am Wilmer Eye Institute an der Johns Hopkins University School of Medicine.

Für die aktuelle Studie untersuchte Sodhis Team, ob messbare Kon­zen­tra­ti­o­nen bestimmter Proteine im Auge als Prädiktoren, sogenannte Biomarker, für eine Krank­heits­s­ta­bi­li­sie­rung oder -progression trotz Behandlung verwendet werden könnten.

Das Team sammelte zunächst zwischen 2013 und 2020 an zwei Standorten in Maryland Augen­flüs­sig­keitsproben von 38 Patienten zu Beginn der Behandlung gegen AMD. Diese Patienten wurden dann nach der Häufigkeit eingruppiert, mit der sie am Ende eines Jahres eine Behandlung benötigten.

Angiopoietin-like 4 als Biomarker

Die Forscher untersuchten die Proben jeder dieser Gruppen auf Proteine, welche mit der Entwicklung abnormaler Blutgefäße in Verbindung stehen. Dabei konnten die Wis­sen­schaft­ler beobachteten, dass Angiopoietin-like 4 bei Patienten, die eine monatliche Behandlung benötigten, in höheren Kon­zen­tra­ti­o­nen vorlag als bei Patienten, die die Häufigkeit der Injektionen reduzieren oder sogar die Behandlung ohne weiteren Sehverlust beenden konnten.

Unter Verwendung statistischer Modelle bestätigte das Team, dass höhere Kon­zen­tra­ti­o­nen von Angiopoietin-like 4 – höher als 4,22 ng/ml – die tat­säch­li­chen klinischen Ergebnisse in der Pati­en­ten­po­pu­la­tion genau vorhersagten. Mit 91 Prozent Sensitivität iden­ti­fi­zier­ten sie diejenigen Patienten, welche weiterhin monatliche Augen­i­n­jek­ti­o­nen benötigen würden, um ihre Sehkraft zu erhalten.

Allerdings entdeckten sie, dass die alleinige Messung von Angiopoietin-like 4 zu vielen falsch positiven Ergebnissen führte. Ein Drittel der Patienten, die durch den Test erkannt wurden, benötigten keine monatliche Therapie.

Um die Genauigkeit des Vor­her­sa­ge­mo­dells zu verbessern, paarten sie Messungen von Angiopoietin-like 4 mit denen von VEGF. Durch die Ermittlung beider Werte konnten die Forscher mit 76 Prozent Sensitivität und 85 Prozent Spezifität Patienten, die wahr­schein­lich monatliche Augen­i­n­jek­ti­o­nen benötigen, korrekt iden­ti­fi­zie­ren. Diese Gruppe von mit feuchter AMD Betroffenen könnte von neueren, länger wirkenden Anti-VEGF-Therapien profitieren.

Unter­su­chun­gen am Tiermodell

Anschließend untersuchten die Forschenden in Tierversuchen, ob die Blockierung von Angiopoietin-like 4 im Auge ein möglicher The­ra­pie­an­satz für die feuchte AMD sein könnte. Hierfür verwendeten die Wis­sen­schaft­ler Nanopartikel, die in Zusam­me­n­a­r­beit mit Jordan Green, Professor für Bio­me­di­zi­ni­sche Technik an der Johns Hopkins University School of Medicine, entwickelt wurden. Diese winzigen Partikel liefern RNA-Interferenz (RNAi), die auf die Expression von Angiopoietin-like 4 oder VEGF in Mäuseretinae mit ähnlichen Augen­lä­si­o­nen wie der feuchten AMD abzielt.

Mäuse mit Angiopoietin-like-4-blockierender oder VEGF-blockierender RNAi-Behandlung wiesen jeweils ein geringeres Maß an abnormalem Blut­ge­fä­ß­wachs­tum auf als Nager, welche eine Kon­troll­be­hand­lung erhielten. Eine Kombination von Angiopoietin-like-4-blockierender mit VEGF-blockierender RNAi-Behandlung zeigte in den Tieren zudem einen additiven Effekt mit einem noch geringeren abnormalen Blut­ge­fä­ß­wachs­tum.

Neutropilin als Alternative

Die Forscher testeten alternativ zur RNAi-Verwendung ein natürlich vorkommendes lösliches Protein namens Neuropilin. In früheren Diabetes-Studien war gezeigt worden, dass dieses eine blockierende Wirkung auf VEGF und Angiopoietin-like 4 hat. Das lösliche Neuropilin wurde in die Augen von Mäusen injiziert. Diese Behandlung lieferte ähnliche Ergebnisse wie die der RNAi-Applikation.

Zusammen helfen diese Experimente zu erklären, warum erhöhte Spiegel beider Proteine ​​in den Augen von Patienten vorhersagen könnten, wie Patienten auf aktuelle Therapien ansprechen. „Angiopoietin-like 4 und VEGF wirken synergistisch und erzeugen so schwerere choroidale neovaskuläre Läsionen im Auge. Sie könnten mög­li­cher­weise sowohl als Biomarker als auch als Behand­lungs­ziel verwendet werden“, erörtert Sodhi.

Quelle: biermann-medizin

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