Forschungspreise für Netzhautforschung vergeben
Im Rahmen des "virtuellen" 119. Kongresses der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) ist der diesjährige Klinische Forschungspreis Frau Dr. med. Marlene Saßmannshausen und der diesjährige Grundlagenwissenschaftliche Forschungspreis Herrn Cameron Cowan Ph.D. und Frau Magdalena Renner Ph.D. zuerkannt worden. Beide Preise werden von PRO RETINA Deutschland e. V. zusammen mit Retina Suisse vergeben.
Klinischer Forschungspreis 2021 der PRO RETINA
Wie es in der von Prof. Dr. med. Eberhart Zrenner (Vorsitzender des Wissenschaftlich-Medizinischen Beirates WMB der PRO RETINA) verfassten Laudatio heißt, hat der WMB diesen Preis zuerkannt für zwei miteinander verbundene Publikationen zum Thema:
Verlaufsanalysen struktureller und funktionaler Änderungen retinaler Drusen bei altersbedingter Makuladegeneration
Frau Dr. Saßmannshausen hat zusammen mit ihren Ko-Autoren die strukturellen und funktionellen Netzhautveränderungen in Augen mit intermediärer altersabhängiger Makuladegeneration (iAMD) und kritische Hochrisikomerkmale für die Entwicklung von Spätstadien der Erkrankung definieren können. In der ersten Arbeit hat sie bei AMD-Patienten mit bestimmten Veränderungen, mit sogenannten retikulären Pseudodrusen, in verschiedenen Erkrankungsstadien die Netzhautdicke und Struktur mit verschiedenen Bildgebungsverfahren (multimodal) erfasst und mit Funktionseinschränkungen, gemessen mittels der funduskontrollierten Perimetrie, in Bezug gesetzt. Die Ergebnisse der Arbeit zeigen die höhere "Verletzbarkeit" von Stäbchenphotorezeptoren im Vergleich zu den Zapfenphotorezeptoren.
In dem weiterführenden Projekt der zweiten Publikation wurden große, unter dem Pigmentepitel gelegene Drusen bei AMD-Patienten untersucht. Die Drusenentwicklung in betroffenen wie auch gesunden Augen wurde über einen Zeitraum von drei Jahren punktgenau korreliert. Sie konnten zeigen, dass die Schichtdicke der inneren und äußeren Photorezeptorsegmente den stärksten Zusammenhang mit dem Verlust mesopischer und skotopischer Netzhautfunktion (d.h.des Dämmerungs- bzw. Nachtsehens) zeigt.
Beide Arbeiten unterstreichen die Bedeutung hochauflösender multimodaler Bildgebung für eine präzise Charakterisierung von Makula- und Netzhauterkrankungen. Die gewonnenen Ergebnisse sind für das Verständnis der pathogenetischen Zusammenhänge von strukturellen und funktionellen Netzhautveränderungen und damit auch für zukünftige Therapiestudien bei der altersbedingten Makuladegeneration von großer Bedeutung.
Frau Saßmannshausen hat in Bonn Humanmedizin studiert und ihre Promotion 2019 bei Herrn Prof. Dr. med. Schmitz-Valckenberg abgeschlossen. Seither ist sie als Ärztin in Weiterbildung und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universitätsaugenklinik Bonn unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. med. Frank G. Holz tätig. Ihre Arbeiten hat sie bereits international vorgetragen. Obwohl noch am Anfang ihrer Karriere, hat sie bereits 9 Publikationen in hochrangigen internationalen Journalen vorzuweisen.Mit ihren Leistungen gehört sie zweifelsfrei zum hoffnungsvollsten wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich der klinisch-experimentellen Forschung bei degenerativen Netzhauterkrankungen und deren Therapie.
Grundlagenwissenschaftlicher Forschungspreis 2021 der PRO RETINA
Wie es in der von Professor Zrenner verfassten Laudatio heißt, hat der WMB diesen Preis den beiden Autoren zuerkannt für die im September 2020 in der Fachzeitschrift "Cell" veröffentlichte Arbeit:
„Cell types of the human retina and its organoids at single-cell resolution“
Es wurde eine Methode entwickelt, wie aus induzierten pluripotenten menschlichen Stammzellen (IPS) Netzhaut-Organoide gezüchtet werden können.
Ein Organoid ist eine wenige Millimeter große, organähnliche Mikrostruktur, die mit Methoden der Zellkultur künstlich erzeugt werden kann. Die Autoren haben Techniken gefunden, die es erlauben, tausende dieser Organoide von menschlichen Stammzellen zu züchten. Es wurde auch ein umfangreicher Atlas generiert, wie sich auf Einzelzellebene die Genexpressionsmuster der Netzhaut und Aderhaut von Organiden mit den Ergebnissen von frischen postmortalen menschlichen Netzhäuten vergleichen lassen. Auch konnten bei den Organoiden Reaktionen auf Licht nachgewiesen werden.
Diese hochrangige wissenschaftliche Leistung erlaubt es, Mechanismen retinaler Erkrankungen in Organoiden überzeugend zu untersuchen. Durch die Produktion funktioneller Organoide können die Prüfungen zur Sicherheit und Wirksamkeit neuer Therapieansätze in der personalisierten Medizin deutlich beschleunigt werden.
Herr Dr. Cowan arbeitet seit 2015 im Labor von Prof. Botond Roska, Department of Neurobiology am Friedrich Miescher Institut in Basel und ist jetzt als Leiter für den Bereich "Scientific Computing“ tätig. Sein Schwerpunkt ist die genomische Analyse auf Einzelzellebene und die Erzeugung Zelltyp-spezifischer Promotoren.
Frau Dr. Renner arbeitet seit 2016 im Labor von Prof. Botond Roska am Institut of Molecular and Clinical Ophthalmology in Basel, wo sie die retinalen Organoide als Modell für Netzhautdegenerationen entwickelt hat und jetzt als Leiterin der Human Organoid-Platform tätig ist.
Die PRO RETINA Deutschland e. V. und auch das Newsletter-Team gratulieren Frau Dr. Saßmannshausen sowie Frau Dr. Renner und Herrn Dr. Cowan herzlich zu dieser Ehrung und wünschen ihnen viel Erfolg für ihre weiteren wissenschaftlichen Arbeiten. Der Klinische Forschungspreis und der Grundlagenwissenschaftliche Forschungspreis sind jeweils mit einer Barsumme von 5000 € verbunden, den sich im letzteren Fall die beiden Autoren teilen.
Quelle: PRO RETINA News