Geist und Augen: Demenz tritt bei älteren Erwachsenen mit Sehproblemen häufiger auf

Eine neue US-amerikanische Studie zeigt, dass ältere Menschen, die bei Sehtests schlechter abschneiden, mit größerer Wahr­schein­lich­keit auch bei kognitiven Tests schlechtere Ergebnisse erzielen.

Der Verlust der Fähigkeit klar zu sehen und klar zu denken oder sich zu erinnern, sind zwei der am meisten gefürchteten – und vermeidbaren – Gesund­heits­pro­bleme, die mit dem Älterwerden einhergehen. Eine neue Studie untermauert nun die Vermutung, dass zwischen Sehstörungen und Demenz ein Zusammenhang besteht.

Bei einer Stichprobe von fast 3.000 älteren Erwachsenen, die sich bei Hausbesuchen Sehtests und kognitiven Tests unterzogen, war das Demenzrisiko bei denjenigen, die Sehprobleme hatten, deutlich höher. Auch bei den Probanden, die selbst dann nicht gut sehen konnten, wenn sie ihre üblichen Brillen oder Kontaktlinsen trugen, war dies der Fall.

Die For­schungs­er­geb­nisse wurden kürzlich in der Fach­zeit­schrift „JAMA Ophthalmology“ von einem Team des Kellogg Eye Center at Michigan Medicine, dem akademischen medizinischen Zentrum der Universität Michigan, ver­öf­fent­licht.

Die Studie basiert auf den Daten einer landesweiten reprä­sen­ta­ti­ven Untersuchung älterer Erwachsener, die 2021 vom U-M Institute for Social Research durchgeführt wurde. Sie fügt sich in eine wachsende Zahl von Studien ein, die einen Zusammenhang zwischen Sehkraft und Demenz nahelegen.

Die Stu­dien­teil­neh­mer waren über 71 Jahre alt, wobei das Durch­schnitts­al­ter bei 77 Jahren lag. Die Nah- und Fernsicht sowie die Fähigkeit, Buchstaben zu erkennen, die sich nicht stark vom Hintergrund abheben, wurden von einem Mitglied des Unter­su­chungs­teams mit einem digitalen Tablet getestet. Außerdem unterzogen sich die Probanden Tests zu Gedächtnis und Denkvermögen und machten Angaben zu ihrem Gesund­heits­zu­stand, ein­schließ­lich einer bestehenden Diagnose der Alzheimer-Krankheit oder einer anderen Form der Demenz.

Etwas mehr als zwölf Prozent der gesamten Gruppe hatte eine Demen­z­er­kran­kung. Dieser Prozentsatz war höher bei Teilnehmenden, die eine Sehschwäche im Nahbereich hatten. Ein Drittel der Personen wies mit mäßiger oder schwerer Beein­träch­ti­gung der Fernsicht, ein­schließ­lich der Blinden, Anzeichen einer Demenz auf. Gleiches gilt für 26 Prozent der Teilnehmenden, die Schwie­rig­kei­ten hatten, Buchstaben zu erkennen, die sich nicht stark vom Hintergrund abhoben. Sogar unter den Personen mit einer leichten Sehschwäche für die Ferne hatten 19 Prozent eine Demenz.

Die Forschenden berück­sich­tig­ten auch andere Unterschiede in Bezug auf den Gesund­heits­zu­stand und persönliche Merkmale. Diese ein­ge­schlos­sen war die Wahr­schein­lich­keit, an Demenz zu erkranken, bei Personen mit mit­tel­schwe­ren bis schweren Sehproblemen in der Ferne um 72 Prozent höher als bei Personen, die keine Sehprobleme hatten.

Bei anderen Arten von Seh­behinder­ungen waren die Unterschiede zwar geringer, aber immer noch groß – mit Ausnahme von leichten Problemen beim Sehen in der Ferne, bei denen es keinen statistischen Unterschied gab.

Für ältere Personen, die mehr als eine Art von Seh­be­hin­de­rung aufwiesen, war die Wahr­schein­lich­keit, an Demenz zu erkranken, ebenfalls um 35 Prozent höher als bei denjenigen mit normalem Sehvermögen.

Die neue Studie knüpft an frühere Unter­su­chun­gen an, die zu ähnlichen Ergebnissen kamen. Zudem stützt sie sich auch auf frühere Arbeiten über Kata­rak­t­ope­ra­ti­o­nen. Diese zeigten, dass Erwachsene, deren Fernsicht durch eine Operation wie­der­her­ge­stellt wurde, im Laufe der Zeit seltener an Demenz erkrankten.

Die Autoren schreiben: „Der Gesundheit des Sehvermögens Priorität einzuräumen, kann der Schlüssel zur Optimierung sowohl der Sehkraft als auch der allgemeinen Gesundheit und des Wohlbefindens sein. Randomisierte Studien sind erforderlich, um festzustellen, ob die Optimierung der Sehkraft eine praktikable Strategie zur Verlangsamung des kognitiven Verfalls und zur Verringerung des Demenzrisikos ist.“

Dr. Sheila West, vom Wilmer Eye Institute an der Johns Hopkins Medicine, schrieb in einem begleitenden Leitartikel, dass die neue Studie zu den sich häufenden Beweisen für den Zusammenhang zwischen Sehkraft und kognitiven Problemen beiträgt. „Ein gleich­be­rech­tig­ter Zugang zu Sehhilfen, die das Fortschreiten des Seh­kraft­ver­lusts verhindern, umkehren oder zumindest aufhalten, ist unabhängig von den potenziellen Auswirkungen auf Demenz ein erstre­bens­wer­tes Ziel und könnte für Menschen mit kognitivem Abbau besonders wichtig sein.“

Die Studie basiert auf Daten der National Health and Aging Trends Study, die am U-M Institute for Social Research und an der Johns Hopkins University Bloomberg School of Public Health durchgeführt wird.

Quelle: biermann-medizin.de

Datum