KI - Netz­hautab­bil­dung schneller als manuelle Methode

Forscher an den National Institutes of Health (NIH) haben künstliche Intelligenz (KI) auf eine Technik angewandt, die hoch­auf­lö­sende Bilder von Zellen im Auge erzeugt. Sie berichten, dass die Bildgebung mit KI 100-mal schneller ist und den Bildkontrast um das 3,5-Fache verbessert.

Dieser Fortschritt kann Wis­sen­schaft­lern ein besseres Instrument zur Bewertung der alters­be­ding­ten Makula­degeneration (AMD) und anderer Netz­haut­krank­hei­ten an die Hand geben, so die Forscher. „Künstliche Intelligenz hilft dabei, eine wesentliche Ein­schrän­kung der Bildgebung von Zellen in der Netzhaut zu überwinden, nämlich die Zeit“, betont Dr. Johnny Tam, Leiter der Abteilung für klinische und trans­la­ti­o­nale Bildgebung am National Eye Institute (NEI) des NIH.

Tam beschäftigt sich mit der Entwicklung einer adaptiven Optik (AO), einer Technologie zur Verbesserung von Bild­ge­bungs­ge­rä­ten auf der Grundlage der optischen Kohärenz­tomographie (OCT). Wie Ultraschall ist OCT nicht invasiv, schnell und schmerzlos und gehört in den meisten Augenkliniken zur Stan­dard­aus­rüs­tung. Die Abbildung von retinalen Pig­men­te­pi­thel(RPE)-Zellen mit der AO-OCT bringe aber neue Her­aus­for­de­run­gen mit sich, darunter ein Phänomen namens Speckle. Speckle stört die AO-OCT so, wie Wolken Luftaufnahmen stören. Zu jedem Zeitpunkt können Teile des Bildes unscharf sein. Der Umgang mit Speckle ist dem Umgang mit Wolken ähnlich. Die Forscher nehmen über einen langen Zeitraum immer wieder Bilder von den Zellen auf. Mit der Zeit verschieben sich die Flecken, so dass verschiedene Teile der Zellen sichtbar werden. Die Wis­sen­schaft­ler müssen dann mühsam und zeit­auf­wän­dig viele Bilder zusam­men­set­zen, um ein Bild der RPE-Zellen zu erstellen, das frei von Speckles ist.

Tam und sein Team haben nun eine neuartige KI-basierte Methode namens Parallel Discriminator Generative Adverbial Network (P-GAN) entwickelt – ein Deep-Learning-Algorithmus. Das Forscherteam hat das P-GAN-Netzwerk mit fast 6.000 manuell analysierten AO-OCT-Bildern des menschlichen RPE gefüttert, die jeweils mit dem ent­spre­chen­den gesprenkelten Originalbild gepaart waren. So haben sie das Netzwerk darauf trainiert, gesprenkelte Zellmerkmale zu erkennen und wie­der­her­zu­stel­len.

Bei Tests mit neuen Bildern gelang es dem P-GAN, den Forschern zufolge, die RPE-Bilder zu entflecken und zelluläre Details wie­der­her­zu­stel­len. Mit einer einzigen Bildaufnahme seien Ergebnisse erzielt worden, die mit der manuellen Methode vergleichbar seien, die die Aufnahme und Mittelung von 120 Bildern erforderte. Bei einer Reihe von objektiven Leis­tungs­kenn­zah­len, die zum Beispiel Zellform und -struktur bewerten, schnitte P-GAN besser ab als andere KI-Techniken. Dr. Vineeta Das, Post­dok­to­ran­din in der Abteilung für klinische und trans­la­ti­o­nale Bildgebung am NEI, schätzt, dass P-GAN die Zeit für die Bildaufnahme und -verarbeitung um das 100-fache reduziert hat. Zudem würde mit P-GAN auch ein etwa 3,5-mal höherer Kontrast erzielt als zuvor.

„Die adaptive Optik hebt die OCT-basierte Bildgebung auf die nächste Stufe“, so Tam. „Es ist, als würde man von einem Balkonplatz in die erste Reihe wechseln, um die Netzhaut abzubilden. Mit der AO können wir 3D-Strukturen der Netzhaut in zellulärer Auflösung sichtbar machen und so sehr frühe Anzeichen von Krankheiten erkennen.“

Nach Angaben der Wis­sen­schaft­ler ermöglicht die Kombination von AO und OCT zwar einen viel besseren Blick auf die Zellen, aber die Verarbeitung der AO-OCT-Bilder nach ihrer Aufnahme dauert viel länger als bei OCT ohne AO.

Durch die Integration der KI in das AO-OCT wurde nach Ansicht von Tam ein Haup­t­hin­der­nis für die klinische Rou­ti­ne­bild­ge­bung mit dem AO-OCT überwunden, insbesondere bei Krankheiten, die das RPE betreffen, das traditionell schwer abzubilden ist.

Quelle: biermann-medizin.de

Datum