Netzhaut und Far­ben­blind­heit

Warum sind Menschen farbenblind?

Far­ben­blind­heit ist angeboren und bedeutet meist nur Blindheit für zwei Farben – nicht für alle. Heilbar ist sie bisher nicht, die meisten Betroffenen entwickeln aber Strategien, um im Alltag mit dieser Sehstörung umzugehen. Für bestimmte Berufe kann sie ein Hin­de­rungs­grund sein. Ob man farbenblind ist oder nicht, ist stark von einer Frage abhängig: Mann oder Frau?

Das menschliche Auge ist ein kleines Wunder. Mithilfe der über 120 Millionen Sinneszellen je Auge können wir ein breites Spektrum an Farben wahrnehmen und selbst noch in der Dämmerung und im Dunklen alle möglichen Schat­tie­run­gen und Umrisse ausmachen. Bei einer Kamera würde man von „ordentlich Megapixeln“ sprechen. Ver­ant­wort­lich dafür sind die Millionen von Sinneszellen, die in der Netzhaut des Auges sitzen – die „Zapfen“ und die „Stäbchen“. Die Zapfen arbeiten aus­schließ­lich im Hellen und sind für das Farbensehen zuständig. Daneben gibt es die Stäbchen, die uns ermöglichen, auch in der Dämmerung und selbst im Dunklen noch etwas zu sehen. Das menschliche Auge besitzt etwa sechs Millionen Zapfen und 120 Millionen Stäbchen.

Wir sehen drei Farben von Licht: Rot, Grün, Blau

Bei den Zapfen existieren drei Arten: Die einen nehmen rotes Licht wahr, andere grünes und die dritte Art reagiert auf blaues Licht. Aus diesen drei Farben setzt sich unser Farbensehen zusammen. Liegt bei diesen Zapfen eine Störung vor, ist die Folge, dass der betreffende Mensch Farben verfremdet oder gar nicht sehen kann.

Häufigste Form von „Far­ben­blind­heit“: Die Rot-Grün-Schwäche

Auch farbenblinde Menschen sehen in der Regel ihre Umgebung farbig, wenn auch weniger bunt. Hinter dem Begriff „Far­ben­blind­heit“ stecken verschiedene Farb­seh­stö­run­gen, selten eine komplette Far­ben­blind­heit. „Wenn von Far­ben­blind­heit gesprochen wird, handelt es sich meistens um eine Rot-Grün-Schwäche", sagt Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband. „Die Menschen mit dieser Farbschwäche nehmen die Farben zwar wahr. Je nachdem welche Farbe betroffen ist, aber schwächer und haben Schwie­rig­kei­ten, diese voneinander zu unterscheiden."

Vier Arten von Far­ben­blind­heit

Schät­zungs­weise vier Millionen Menschen in Deutschland sind farbenblind, wobei zwischen vier verschiedenen Arten der Far­ben­blind­heit unterschieden wird:

1. Rot-Grün-Schwäche: Liegt bei den Rot- oder Grünzapfen eine Störung vor, ist das Sehen von Rot oder Grün beein­träch­tigt

2. Rot-Grün-Blindheit: Bei der echten Rot- oder Grün­blind­heit können die Betroffenen die jeweilige Farbe gar nicht mehr erkennen

3. Blau-Gelb-Störungen: Sehr selten sind die Blauzapfen betroffen. Dann kommt es zu einer Blau-Blindheit oder Blau-Sehschwäche

4. Totale Far­ben­blind­heit

Nur 3.000 total Farbenblinde in Deutschland

Auch wenn der Begriff „Far­ben­blind­heit“ im allgemeinen Sprach­ge­brauch für diese Form von Sehstörungen gebräuchlich ist: dass jemand für Farben restlos blind ist, kommt sehr selten vor. Unter 100.000 Menschen lässt sich ein Betroffener finden – das entspricht rund 3.000 Menschen in Deutschland.

„Bei den Betroffenen funktioniert keiner der Zapfentypen, sie können nur Hell-Dunkel-Stufen erkennen“, so Medizinerin Debrodt. Im Unterschied zur Rot-Grün-Schwäche, bei der die Sehschärfe normal ist, ist das Sehvermögen bei dieser sogenannten Achromatopsie insgesamt stark beein­träch­tigt. Zudem sind die Betroffenen extrem licht­empfind­lich.

Far­ben­blind­heit: Fast nur Männer betroffen

Etwa 8 Prozent der Männer, aber nur 0,4 Prozent der Frauen sind nach Erkenntnissen des Berufs­ver­bands der Augenärzte Deutschlands (BVA) von einer Rot-Grün-Schwäche betroffen. Das liegt daran, dass die Farbschwäche genetisch bedingt ist und die Gene für die Far­bre­zep­to­ren auf dem X-Chromosom liegen. Bei Frauen gleicht das zweite gesunde X-Chromosom die Gen­ver­än­de­rung in der Regel aus, Männer haben aber kein zweites X-, sondern ein Y-Chromosom. Die fehlerhafte Erb­in­for­ma­tion sorgt bei ihnen dafür, dass die Sinneszellen der Netzhaut, die die Grün- oder Rottöne wahrnehmen können, defekt sind oder ganz fehlen.

Far­ben­blind­heit ist angeboren – und man kann mit ihr leben

Menschen kommen mit der Rot-Grün-Schwäche auf die Welt, und es sind immer beide Augen betroffen. „Menschen mit dieser Ein­schrän­kung bemerken ihre Farbschwäche oft gar nicht, weil sie ja keine andere Farb­wahr­neh­mung kennen und ansonsten gut sehen können", so Debrodt. „Zudem haben sie im Alltag automatisch Strategien entwickelt, um mit der Schwäche zurecht­zu­kom­men."

Etwa wenn die Ampel von Rot auf Grün springt, können die Betreffenden durchaus wahrnehmen, dass es „oben", also bei Rot dunkel wird und sich „unten", also bei Grün etwas in Richtung Helligkeit tut. Für manche Berufe sind Farben jedoch essentiell: Ob Menschen mit einer Farb­fehl­sich­tig­keit bei­spiels­weise als Pilotin oder Modedesigner arbeiten oder in der Schifffahrt tätig sein können, muss im Einzelfall geprüft werden.

Auch Diabetes kann Far­ben­blind­heit auslösen

Meistens ist eine Far­ben­blind­heit oder -schwäche also angeboren. In Einzelfällen können aber auch Krankheiten die Ursache sein – zum Beispiel Erkrankungen der Netzhaut, etwa im Rahmen eines Diabetes oder durch die alters­be­dingte Degeneration der Makula (AMD). Die Makula ist der Bereich der menschlichen Netzhaut mit der größten Dichte von Sehzellen.

Quelle: PRO RETINA News, Redaktion Wolfgang Schmidt

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