Augen­ge­sund­heit: Irisfarbe – ein wenig beachteter Risikofaktor

Die Farbe der Iris hängt mit der Neigung zu bestimmten Augen­erkrankungen zusammen und kann zudem das Ergebnis operativer Eingriffe am Auge beeinflussen. Experten der Deutschen Oph­thal­mo­lo­gi­sche Gesellschaft (DOG) geben zu diesem Thema einen Überblick.

Von hellem Blau oder Grau über grünliche bis hin zu tiefbraunen Tönen: Die Iris des Auges kann eine ganze Palette von Farb­schat­tie­run­gen annehmen. Doch die Augenfarbe bestimmt nicht nur einen wesentlichen Teil des äußeren Erschei­nungs­bil­des. Wie man heute weiß, hängt die Farbe der Iris auch mit der Neigung zu bestimmten Augen­erkrankungen und dem Ergebnis etwa von Horn­haut­trans­plan­ta­ti­o­nen zusammen.

Welche Augenfarbe ein Mensch hat, hängt davon ab, wie hoch die Konzentration an Melanin in seiner Iris ist – des Farbstoffs also, der neben der Augen- auch die Haut- und die Haarfarbe bestimmt. „Das Melanin hat dabei immer dieselbe bräunliche Farbe – auch grüne und blaue Augen besitzen keine anderen Farbstoffe“, erläutert Prof. Claus Cursiefen, Direktor des Zentrums für Augen­heil­kunde am Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Köln und Gene­ral­se­kre­tär der DOG. Die anderen Farb­schat­tie­run­gen beruhten auf Licht­bre­chungs­ef­fek­ten, die bei verschiedenen Mela­nin­ge­hal­ten zum Tragen kämen.

Ganz ohne Melanin – wie bei Menschen mit der angeborenen Pig­ment­stö­rung Albinismus – bleiben die Augen sehr hell, je nach Lichteinfall kann sogar der rote Augen­hin­ter­grund hin­durch­schim­mern. „Bei Menschen mit okulärem Albinismus ist bekannt, dass die Augen­ent­wick­lung insgesamt beein­träch­tigt ist“, sagt Cursiefen. Weil Melanin nicht nur in der Iris, sondern auch im Pig­men­te­pi­thel der Netzhaut enthalten ist, kann es ohne diesen Farbstoff zu deutlichen Fehl­ent­wick­lun­gen im Augen­hin­ter­grund und nachfolgenden Sehstörungen kommen.

Helle Augen: Höheres Risiko für Aderhaut-Tumoren und AMD

Doch auch wenn man vom Extremfall der Pig­ment­stö­rung absieht, kann sich der Melaningehalt der Iris auf die Augen­ge­sund­heit auswirken. Denn so wie in der Haut schützt das Melanin auch in der Iris vor dem Einfluss des Sonnenlichts. Es filtert sowohl den sichtbaren Teil des Licht­spek­trums – Menschen mit sehr hellen Augen reagieren daher besonders empfindlich auf starken Lichteinfall – als auch dessen UV-Anteil. Bei niedrigerem Melaningehalt steigt deshalb auch das Risiko, an einem so genannten uvealen Melanom zu erkranken.1 „Dieser Krebstyp ist zwar sehr selten, er findet sich jedoch bei Menschen europäischer Abstammung 20- bis 30-mal häufiger als bei Menschen asiatischer oder afrikanischer Abstammung“, erläutert Prof. Nikolaos Bechrakis, Präsident der DOG und Direktor der Uni­ver­si­täts­au­gen­kli­nik Essen.

Mit einem geringeren Schutz vor den schädlichen Auswirkungen des Sonnenlichts lässt sich vermutlich auch die Beobachtung erklären, dass Menschen mit hellen Augen eher eine alters­abhängige Makula­degeneration (AMD) entwickeln als Menschen mit dunklen Augen. „Bei der Entstehung der AMD spielen freie Radikale, oxidativer Stress und die Ansammlung von Abfall­pro­duk­ten im Bereich der Netzhaut eine Rolle – Prozesse, die durch UV-Licht verstärkt werden“, erläutert Cursiefen. Ein Zusammenhang zwischen Augenfarbe und AMD-Risiko sei zwar nicht in allen Studien gefunden worden, so der Experte. „Eine umfangreiche Metaanalyse mit fast 130.000 Teilnehmenden konnte jedoch belegen, dass zumindest die feuchte Form der AMD bei Menschen europäischer Herkunft deutlich häufiger ist als bei Menschen mit asiatischen oder afrikanischen Wurzeln“, berichtet der Kölner Augenarzt.2 Ob dies haupt­säch­lich auf die Augenfarbe zurück­zu­füh­ren ist, oder ob auch andere genetische Faktoren eine Rolle spielen, ist allerdings noch unklar.

Dunkle Augen: Mehr Grauer Star, häufiger Kom­pli­ka­ti­o­nen bei Trans­plan­ta­ti­o­nen

Bei der Entwicklung einer Lin­sen­trü­bung sind Dunkeläugige dagegen im Nachteil. Diese Auge­n­er­kran­kung entwickelt sich bei Menschen mit braunen Augen zwei- bis viermal so häufig wie bei blauäugigen Menschen – ein Effekt, der auch innerhalb der weißen Bevölkerung nachgewiesen wurde und somit von der Ethnie unabhängig zu sein scheint.2 „Eine Theorie hierzu besagt, dass in der vorderen Augenkammer eine umso höhere Temperatur herrscht, je mehr Licht durch die Iris absorbiert wird“, erläutert Cursiefen. Bei dunkler Iris wäre demnach mit einer leicht erhöhten Tem­pe­ra­tur­be­las­tung zu rechnen, die wiederum einen bekannten Risikofaktor für die Entstehung des Grauen Stars darstellt. So ist die hitzebedingte Katarakt etwa bei Schweißern als Berufs­krank­heit anerkannt.

Auch das Ergebnis operativer Eingriffe am Auge kann von der Augenfarbe abhängen. Bei einer perforierende Keratoplastik werden Absto­ßungs­re­ak­ti­o­nen und andere Kom­pli­ka­ti­o­nen häufiger beobachtet, wenn die Iris dunkel ist. „Hier wird ein Einfluss des Melanins auf das Immun­ge­sche­hen in der vorderen Augenkammer vermutet“, sagt Cursiefen. Womöglich verstärke das Pigment entzündliche Prozesse.

Unabhängig von dieser Beobachtung nimmt die Zahl der klassischen, per­fo­rie­ren­den Horn­haut­trans­plan­ta­ti­o­nen seit einigen Jahren stark zugunsten minimal invasiver Techniken ab. In einer eigenen Arbeit haben Cursiefen und Kollegen daher die Kom­pli­ka­ti­ons­rate bei der minimal invasiven Descemet Membrane Endothelial Keratoplasty (DMEK ) untersucht, bei der lediglich die innerste Schicht der Hornhaut trans­plan­tiert wird. „Hier konnten wir keinen Effekt der Augenfarbe auf das Trans­plan­tat­über­le­ben nachweisen“, so Cursiefen.3 Offenbar sei es durch den wesentlich schonenderen Ansatz gelungen, eine Immu­n­ak­ti­vie­rung im Auge zu vermeiden und so den Einfluss des Melanins auszuschalten.

Ziel ist, erhöhte Risiken durch die Irisfarbe auszugleichen

„Die Beispiele zeigen, dass scheinbar unbedeutende Faktoren wie die Augenfarbe im klinischen Alltag durchaus relevant sein könnten“, so das Resümee der DOG-Experten. Nun gelte es, diese komplexen Zusam­men­hänge weiter zu definieren, bei der Behandlung zu berück­sich­ti­gen und, wo immer möglich, erhöhte Risiken und Nachteile auszugleichen.

Quelle: biermann-medizin.de

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