Blaues Licht - Gefahr für die Netzhaut?

PRO RETINA Deutschland rät zur Achtsamkeit

Bonn. LED-Lampen eroberten noch vor wenigen Jahren die deutschen Haushalte, weil sie keine gesund­heits­schäd­li­chen Stoffe wie Quecksilber enthielten. Nun sind die LED-Leuchtmittel in eine neue Gesund­heits­dis­kus­sion verstrickt. Das blaue Licht von LED ist in den Blickpunkt von Ärzteschaft, Wissenschaft und allgemeiner Öffentlichkeit geraten. Insbesondere geht es um die Frage: Schädigt es unsere Netzhaut? Fördert sogar der hohe Anteil blauen Lichts in LEDs die alters­be­dingte Makula­degeneration (AMD)? PRO RETINA Deutschland sieht hier noch weiteren Klä­rungs­be­darf und rät anlässlich des Tages der Seh­be­hin­de­rung zur Achtsamkeit im Umgang mit modernen künstlichen Lichtquellen.

Blaues Licht ist kurzwellig und damit ener­gie­rei­cher als zum Beispiel rotes Licht, das zum langwelligen Bereich gehört. Aus phy­si­ka­li­scher Sicht ist es damit potenziell schädlicher. Zur Wirkung auf die Gesundheit jedes Einzelnen sagt dies aber noch nichts Eindeutiges aus. Dafür spielen auch zusätzliche Faktoren bei der Nutzung von LED eine wesentliche Rolle. Solche Faktoren sind bei­spiels­weise Licht­in­ten­si­tät, Ein­falls­win­kel oder Einwirkdauer der Strahlung.

Generell diskutieren Wissenschaft, Ärzteschaft und Medien derzeit dennoch breit darüber, ob die exzessive Nutzung moderner Lichtquellen z. B. in elek­tro­ni­schen Geräten unsere Augen zu stark belastet. Aus­schlag­ge­bend für diese Annahmen sind Studien, die im Tiermodell eine frühe AMD durch starke Blau­licht­ex­po­si­tion festgestellt haben. Laut expe­ri­men­tel­ler Studien soll es bei hohem Blau­licht­an­teil zu chemischen Reaktionen in der Netzhaut kommen können, die dort zu Abbau­pro­duk­ten führen, den sogenannten Drusen. Auf Dauer können diese Reaktionen erhebliche Probleme bei der Versorgung der Sehzellen in der Makula verursachen. Am Ende dieses Prozesses kann es laut aktueller Stu­diener­geb­nisse zu einer Makula­degeneration mit dem Verlust des Sehens in der Mitte des Blickfeldes kommen.

AMD - eine Krankheit, die immer jünger wird

Die Erkrankung der Netzhaut tritt heute meist im höheren Alter auf. Für Augenexperten wie Prof. Peter Heilig, Uniklinik Wien, ist jedoch längst nicht mehr jede Makula­degeneration altersbedingt. „Pho­to­to­xi­zi­tät wurde lange Zeit als mögliche Noxe unterschätzt oder sogar negiert“, urteilt er. Heilig vermutet, dass die „hohe Energie der kurzwelligen Strahlung im Extremfall auf die Dauer phototoxisch ist. Sie kann in den Sehzellen im wichtigsten Qua­drat­vier­tel­mil­li­me­ter – der Makula – das Licht ausblasen.“

Die Dosis macht das Gift

Dr. Sandra Jansen, Beraterin in der Geschäfts­stelle der PRO RETINA, rät eher zur kritischen Betrachtung aktueller Stu­diener­geb­nisse: „In diesen Studien wurde als Tiermodell Ratten gewählt, die unter Labor­be­din­gun­gen mitunter über einen sehr langen Zeitraum mit unter­schied­lichen Lichtquellen bestrahlt wurden“, erläutert sie. Ratten seien aber nachtaktive Tiere, deren Netzhaut sich von der menschlichen unterscheidet. Ob dieses Tiermodell unter All­tags­be­din­gun­gen auf den Menschen übertragbar ist, sei deshalb fraglich.

Auch staatliche Bun­des­be­hör­den in Deutschland und der Schweiz raten derzeit zur vorsichtigen Bewertung des Risikofaktors „Blaulicht“ in LED-Lichtquellen.

Es gibt offenbar auch wis­sen­schaft­li­che Hinweise darauf, dass bei ver­gleich­ba­rer Helligkeit die gesund­heit­li­che Belastung durch LED in einer ver­gleich­ba­ren Grö­ßen­ord­nung liegen dürfte wie die lange bekannte Belastung durch Leucht­stoff­röh­ren oder Tageslicht. Warm-weiße LED scheinen demnach hinsichtlich der Blau­licht­ge­fähr­dung sogar günstigere Eigenschaften aufzuweisen als Halo­gen­licht­quel­len.

Schlaf­stö­run­gen durch blaues Licht?

Auch die Frage, ob die Menge an blauem Licht in den Displays beim Einschlafen hinderlich sein kann, ist in Studien derzeit nicht ausreichend belegt. Allerdings weiß man, dass Blau­licht­ein­fall die Produktion und Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin unterdrückt.

Der Vorsitzende von PRO RETINA Deutschland, Franz Badura, fordert aufgrund der vielen noch offenen Fragen zum Blaulicht: „Die Diskussion muss weitergehen. Insbesondere für den Krank­heits­ver­lauf von Menschen mit Netz­haut­degenera­tion oder drohender Erkrankung sind wis­sen­schaft­li­che Belege zu den Einflüssen von Blaulicht von großer Bedeutung.“

Quelle: PRO RETINA Deutschland e. V.

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