Covid-19-Pandemie: Der Graue Star muss warten – in welchen Fällen jetzt operiert werden sollte
Viele Patienten sind verunsichert, ob sie geplante Eingriffe oder Untersuchungen an den Augen angesichts der aktuellen Coronavirus-Krise vornehmen lassen sollten. Experten der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) klären auf, welche Arzttermine jetzt angezeigt sind und welche nicht. Auch liegen erste Erkenntnisse zur Ansteckungsgefahr durch Tränenflüssigkeit vor.
Konkrete Zahlen, wie stark Augenärzte gefährdet sind, sich mit Covid-19 zu infizieren, liegen laut DOG für Deutschland derzeit nicht vor. „Wir wissen aber, dass sich in China vor allem HNO- und Augenärzte aufgrund des engen Patientenkontaktes mit dem Virus angesteckt haben“, erklärt Prof. Thomas Reinhard, Generalsekretär der DOG. „Deshalb gehen wir davon aus, dass Ophthalmologen ebenso wie HNO-Ärzte, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen oder Zahnärzte zu den Hochrisikogruppen gehören“, ergänzt DOG-Mediensprecher Prof. Horst Helbig. Um die Infektionsgefahr zu minimieren, raten die DOG-Experten allen Augenärzten und deren Patienten, bei der Augenuntersuchung Schutzmasken zu tragen und Spuckschutzschilde an der Spaltlampe anzubringen.
Aufschiebbares aufschieben
Darüber hinaus sollten nicht zwingend notwendige Eingriffe mit Rücksicht auf die Patienten unbedingt verschoben werden. „Zu den aufschiebbaren Eingriffen gehören Operationen des Grauen Stars, kosmetische Operationen an den Augenlidern und operative Korrekturen von Fehlsichtigkeiten“, zählt Helbig auf. „Vor allem Patienten, die eine Katarakt-Operation planen, gehören häufig altersbedingt zur Risikogruppe und sollten nicht unnötig gefährdet werden.“ Auch aufschiebbare Arzttermine wie etwa routinemäßige Check-ups oder das Einholen einer Zweitmeinung seien derzeit zu vermeiden.
IVOM-Therapien und Keratoplastiken fortsetzen
Injektionsbehandlungen der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) hingegen sollten weiter durchgeführt werden, damit sich das Sehvermögen der Patienten nicht unwiederbringlich verschlechtert. „Die IVOM-Therapien müssen erfolgen“, so Reinhard. „Wir haben unsere Abläufe derart umgestellt, dass das Risiko einer Ansteckung so gering wie möglich gehalten wird.“ Gleiches gilt für Hornhaut-Transplantationen. „Es besteht ein Mangel an Transplantaten, und es wäre ethisch nicht vertretbar, gespendetes Material zu verwerfen“, betont Reinhard. Auch die Versorgung von Notfällen und dringenden Augenkrankheiten bleibe sowohl ambulant in Praxen als auch ambulant und stationär in Kliniken gesichert.
Tränen als potenziell infektiöses Material behandeln
Derweil liegen erste Untersuchungen vor, die sich der Frage widmen, ob die Tränenflüssigkeit von Covid-19-Patienten Viren enthält und damit ansteckend sein könnte. Eine kleine Studie aus Singapur an 17 Covid-19-Patienten mit Atemwegsproblemen ergab, dass die Ansteckungsgefahr durch Tränenflüssigkeit gering ist (1). Chinesische Wissenschaftler fanden Viren in der Tränenflüssigkeit eines Covid-19-Patienten, der gleichzeitig unter einer Bindehautentzündung litt (2). „Eine Konjunktivitis ist selten, tritt nur in etwa ein Prozent der Fälle auf“, erklärt Helbig. „Dennoch sollten Tränen als potenziell infektiöses Material behandelt werden.“
Quelle: biermann-medizin.de