Behand­lungs­er­folge exakt messen

    Die Wirksamkeit verschiedener Augen­be­hand­lun­gen soll exakter untersucht werden. Dazu werden große Datenmengen ausgewertet und Empfehlungen mittels Künstlicher Intelligenz erarbeitet. Diesem Zweck dient das groß­an­ge­legte Forschungs­projekt „EyeMatics“, das im März startet und vom Bun­des­for­schungs­mi­nis­te­rium mit rund sieben Millionen Euro unterstützt wird. Die Uni­ver­si­täts­me­di­zin Greifswald hat dabei dreifache Bedeutung.

    Wie können Augen­krank­heiten wirkungsvoll behandelt werden? Welche Therapie hilft tatsächlich am besten? Das wollen Spezialisten der Augen­heil­kunde aus den vier Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken Greifswald, Aachen, Münster und Tübingen gemeinsam mit den jeweiligen Daten-Experten ermitteln. Sie kooperieren dabei mit zwei weiteren Partnern: dem Klinikum Chemnitz und dem Uni­ver­si­täts­kli­ni­kum Leipzig. Gemeinsam bilden sie den inter­dis­zi­pli­nären Verbund EyeMatics. Dieser wird vom Bun­des­for­schungs­mi­nis­te­rium über die Medi­zin­in­for­ma­tik-Initiative finanziert. Es ist der erste Anwen­dungs­fall („use case“) der Medi­zin­in­for­ma­tik-Initiative.

    „Für uns stehen die Volks­krank­hei­ten am Auge im Vordergrund“, erklärt Prof. Andreas Stahl, der Direktor der Augenklinik: Dies seien vor allem Netz­haut­erkrankungen, sowohl die alters­be­dingte Makula­degeneration als auch die Schädigung der Netzhaut aufgrund hoher Blut­zu­cke­r­werte. Behandlungen des hinteren Auge­n­ab­schnitts zählen mit 1,5 Millionen Eingriffen pro Jahr zu den häufigsten Operationen in Deutschland. „Wir behandeln viele Patientinnen und Patienten, die meisten über einen langen Zeitraum hinweg“, erläutert Stahl. Sowohl die Makula­degeneration als auch die Netz­haut­erkrankung bei Diabetes erforderten häufig wiederholte Eingriffe mit Injektion von Medikamenten ins Auge. „Da gibt es natürlich Unterschiede, etwa bei der Wahl der Medikamente oder bei den gewählten Zeit­ab­stän­den zwischen den Injektionen“, so Prof. Stahl.

    Um in Zukunft noch genauere Aussagen über die bestmögliche Behand­lungs­stra­te­gie treffen zu können, braucht man sehr viele Daten, die am besten von verschiedenen Standorten zusammen­getragen und gemeinsam ausgewertet werden, beschreibt Stahl die Zielsetzung des EyeMatics-Projekts weiter. Erst die Betrachtung sehr vieler Patienten, mit all ihren Nebe­n­er­kran­kun­gen und anderen Ein­fluss­fak­to­ren, gibt Aufschluss über die tatsächliche bestmögliche Behand­lungs­stra­te­gie. Deswegen bringt Kli­nik­di­rek­tor Stahl mit seinem Klinik-Team präzise Daten über Intervalle und Dosierungen, über zugrun­de­lie­gende Auge­n­er­kran­kung, Nebe­n­er­kran­kun­gen und Verlauf der jeweiligen Therapie in das Forschungs­projekt mit ein.

    Damit das Projekt funktioniert, ist auch das Daten­in­te­gra­ti­ons­zen­trum (DIZ) der Unimedizin gefordert: Zusammen mit den Partner-Zentren der anderen beteiligten Unikliniken muss es die Daten so aufarbeiten, dass diese trotz unter­schied­li­cher Datenbank-Programme vergleichbar werden und gemeinsam genutzt werden können. „Das ist eine echte Her­aus­for­de­rung“, so die Einschätzung von Kli­nik­di­rek­tor Stahl. Aus den gemeinsam erhobenen Daten sollen unter anderem mittels Künstlicher Intelligenz Vorschläge erarbeitet werden, welche The­ra­pie­stra­te­gie die bestmögliche Chance auf Verbesserung des Sehvermögens hat. „Zudem erhoffen wir uns spezifische Hinweise auf eventuelle Risiken für einzelne Patienten, die erst durch die große Menge der ausgewerteten Daten erkennbar werden“, berichtet Stahl weiter.

    Eine dritte Aufgabe des Projekts liegt für das gesamte For­schungs­vor­ha­ben aus­schließ­lich bei der Unimedizin Greifswald: Die Unabhängige Treu­hand­stelle ist für die Pseud­ony­mi­sie­rung sämtlicher Daten zuständig. Diese dient einerseits dazu, individuelle Gesund­heits­da­ten nicht mehr konkreten Personen zuordnen zu können, um die Per­sön­lich­keits­rechte der betroffenen Patienten zu wahren. Zugleich müssen aber alle Daten, die zu einem Patienten gehören, zuverlässig zusam­men­ge­führt werden, damit Krank­heits­ver­lauf und Behand­lungs­er­folge tatsächlich nach­ge­zeich­net werden können. Dabei muss sicher­ge­stellt werden, dass nur diejenigen Patienten in die Studie einbezogen werden, die einer Auswertung ihrer Daten zugestimmt haben.

    „Diese sehr groß­an­ge­legte Studie mit vier Uni­ver­si­täts­kli­ni­ken und mehreren weiteren assoziierten Partnern wird dazu beitragen, die Behandlung unserer Patientinnen und Patienten noch weiter zu verbessern“, ist sich Kli­nik­di­rek­tor Andreas Stahl sicher: „Erst durch das Zusammenlegen sehr vieler einzelner Behand­lungs­da­ten werden Muster erkennbar, die wir nutzen können, um unsere Behand­lungs­stra­te­gien in Zukunft noch ziel­ge­rich­te­ter zum best­mög­li­chen Nutzen unserer Patienten einzusetzen.“

    Quelle: Uni­ver­si­täts­me­di­zin Greifswald, Pressestelle Constanze Steinke

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