Krankheitsspektrum statt Krankheit: Forscherteam empfiehlt neue Sichtweise auf die AMD
Ein internationales Wissenschaftler-Team plädiert in einem aktuellen Artikel in „Nature Reviews Disease Primers“ für einen Paradigmenwechsel sowohl im Verständnis als auch in der Erforschung dringend benötigter Behandlungsmöglichkeiten für die Altersabhängige Makuladegeneration (AMD).
Der Artikel* – basierend auf einer internationalen Zusammenarbeit von Wissenschaftlern unter Federführung von Monika Fleckenstein, Professorin am John A. Moran Eye Center, University of Utah – diskutiert, dass neue Denkansätze bei der AMD erforderlich erscheinen. Unter Berufung auf etwa 280 Forschungsarbeiten sehen die Autoren „zunehmend Hinweise dafür, dass die AMD keine homogene Krankheit ist, sondern vielmehr verschiedene pathologische Zustände umfasst“, heißt es in einer Mitteilung des John A. Moran Eye Center.
„Wir hoffen, dass die Veröffentlichung unsere Kollegen dazu inspirieren wird, AMD nicht als eine einzige Krankheit zu sehen, sondern als ein Krankheitsspektrum mit unterschiedlichen Phänotypen, die sich in ihren Pathomechanismen relevant unterscheiden“, so Fleckenstein (ehemals Bonn), die seit 2019 in den USA tätig ist. „Dieses Konzept entspricht dem Ansatz der personalisierten Medizin. Anstatt sich auf ein ,One-drug-fits-all‘-Modell zu verlassen, sollten neue Therapien auf individuelle Phänotypen und Krankheitsstadien zugeschnitten werden.“
Steffen Schmitz-Valckenberg, Jon M. Huntsman Presidential Professor am Moran Eye Center sowie Direktor des Utah Retinal Reading Center (UREAD), University of Utah, USA und des GRADE Reading Center Bonn, betont: „Weitreichende Fortschritte der letzten zwei Jahrzehnte auf den Gebieten der hochauflösenden retinalen Bildgebung und der Genetik sowie bei der Entschlüsselung pathophysiologischer Prozesse unterstützen diese Sichtweise.“
AMD, so heißt es weiter, kann zum Verlust des zentralen Sehvermögens führen und wurde lange Zeit als eine Krankheit mit zwei Erscheinungsformen betrachtet: exsudative („feuchte“) und nicht exsudative („trockene“) Krankheitsstadien. Die exsudative AMD hat ihren Namen von den Blutgefäßen, die undicht werden oder reißen und dadurch eine Verzerrung des Sehvermögens verursachen, während die nicht exsudative AMD durch die Degeneration des Netzhautgewebes definiert ist, die zu einer Atrophie der Photorezeptoren mit irreversiblem Sehverlust führt. Beiden Formen gehen frühere Stadien voraus, die durch die Ablagerung von extrazellulärem Material gekennzeichnet sind, das unter anderem in Form von sogenannten Drusen sichtbar wird.
Bisher ist nur die exsudative Komponente der AMD durch wiederholte intravitreale Injektion von Therapeutika behandelbar, die den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF) hemmen.
„Nature Reviews Disease Primers“ ist laut Mitteilung Teil des Zeitschriftenportfolios von „Nature Reviews“ und wird derzeit vom Journal Citation Report (JCR) mit einem Journal Impact Factor von 40,689 auf Platz 4 von 160 Zeitschriften in der Kategorie „Medicine, General & Internal“ geführt.
Quelle: biermann-medizin.de