Pupil­len­wei­tung lässt im Alter nach

Mit dem Alter sinkt die Sehkraft der Augen. Schlechte Beleuchtung oder starke Hell-Dunkel-Kontraste können die Reak­ti­ons­fä­hig­keit älterer Menschen einschränken und den Schlaf-Wach-Rhythmus beein­träch­ti­gen. Wie Neu­ro­wis­sen­schaft­ler am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen und der Universität Basel bestätigen, liegt das auch an der nachlassenden Fähigkeit der Pupille, sich ausreichend zu öffnen.

Die Pupillen älterer Menschen scheinen im Vergleich zu jüngeren Personen auf dynamisch verändernde Lichtreize weniger agil zu reagieren. Zur Überprüfung dieser Annahme haben die Wis­sen­schaft­ler Frauen und Männer im Alter zwischen 18 und 87 Jahren in einem Fel­d­ex­pe­ri­ment unter natürlichen Licht­be­din­gun­gen mit einem kompakten und mobilen Messgerät ausgestattet und darüber hinaus in einem Labor­ex­pe­ri­ment unter kon­trol­lier­ba­ren Licht­ver­hält­nis­sen untersucht. „Viele Erkenntnisse über die Pupille stammen aus reinen Labor­un­ter­su­chun­gen. Uns war es wichtig, dass die Ergebnisse vergleichbar und direkt auf den Alltag übertragbar sind. Deshalb haben wir die Studie so alltagsnah wie möglich gestaltet“, erklärt Rafael Lazar, Doktorand am Zentrum für Chro­no­bio­lo­gie der Universität Basel. Diese Untersuchung ist den Forschern nach, in dieser Form aktuell einmalig, weil es technisch bisher nicht möglich war, Messungen unter All­tags­be­din­gun­gen mit einem Headset durch­zu­füh­ren.

Die Stu­dien­teil­neh­mer wurden verschiedenen All­tags­si­tua­ti­o­nen bei typischen Beleuch­tungs­be­din­gun­gen am Tag ausgesetzt: in Innenräumen mit künstlichem und natürlichem Licht, bei der Arbeit am Computer mit LED-Bildschirm und draußen beim Spaziergang unter natürlichem Licht. Anschließend wurden alle Ver­suchs­per­so­nen im Labor mit künstlichem Licht unter­schied­licher Wellenlängen (rot, grün, blau und weiß) bestrahlt und ihre Pupil­len­wei­tung zugunsten der Ver­gleich­bar­keit und Kon­trol­lier­bar­keit mit anderen Studien gemessen.

Pupil­len­wei­tung nimmt pro Lebens­jahr­zehnt um 0,4 Millimeter ab

„Unsere Ergebnisse bestätigen die Hypothese, dass im Alter die Fähigkeit der Pupille, sich auf unter­schied­liche Licht­si­tua­ti­o­nen einzustellen, nachlässt. Anhand unserer breit angelegten Stichprobe können wir feststellen, dass in jedem Jahrzehnt die Pupillenweite um rund 0,4 Millimeter abnimmt. Junge Menschen sehen schon aufgrund der höheren Agilität ihrer Pupillen schwach aus­ge­leuch­tete Umgebungen bei Nacht besser als ältere Menschen“, erörtert Projektleiter Manuel Spitschan, der als For­schungs­grup­pen­lei­ter am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik sowie an der Technischen Universität München, School of Medicine and Health, als Professor tätig ist.

„Im Wohnbereich oder am Arbeitsplatz kann die abnehmende Sehfähigkeit aufgrund der geringeren Pupil­len­wei­tung eine Rolle zulasten der allgemeinen Lebens- und Arbeits­qua­li­tät spielen. Muss das Auge schnell auf sich verändernde Helligkeiten reagieren, kann zum Beispiel eine zu kon­tras­tie­rende Beleuchtung im nächtlichen Außenbereich eines Hauses oder auf einem Trep­pen­auf­gang zu Stolperfallen führen. Am Arbeitsplatz hilft ein gut aus­ge­leuch­tetes Umfeld ohne Blendwirkung, wenn man schnell handeln muss oder hohe Konzentration erforderlich ist. Ganz entscheidend ist dies in Arbeit­s­um­fel­dern mit erhöhter Ver­let­zungs­ge­fahr“, empfiehlt Chronobiologe Spitschan.

Einfluss auf den Schlaf-Wach-Rhythmus älterer Menschen

Die ausreichende Ausleuchtung der Netzhaut habe darüber hinaus für die innere Uhr eine wichtige Bedeutung. Diese wird durch den Hell-Dunkel-Wechsel immer wieder aufs Neue mit der Umgebung syn­chro­ni­siert. In der aktuellen Studie konnten die Wis­sen­schaft­ler zeigen, dass der inneren Uhr bei älteren Personen deutlich weniger Licht zur Verfügung steht. Dies hat Auswirkungen auf das körperliche Wohlbefinden, insbesondere auf einen gesunden Schlaf: „Wir wissen, dass Menschen mit zunehmendem Alter empfindlicher auf eine Veränderung der Schlaf-Wach-Zyklen reagieren. Unsere Studie zeigt, dass die tägliche Lichtdosis, die wir für ein gesundes Leben brauchen, alters­ab­hän­gig angepasst werden muss. Im Zusammenhang unserer nächsten Unter­su­chun­gen werden wir Hand­lungs­emp­feh­lun­gen für junge wie für ältere Menschen zur Verfügung stehen haben“, so Spitschan weiter.

Interessant ist auch: Augenfarbe, Geschlecht oder Koffeinkonsum haben keinen Einfluss auf eine mit der Pupil­len­wei­tung im Zusammenhang stehenden Sehfähigkeit im Alter, wie die Forscher her­aus­ge­fun­den haben.

Die Stu­diener­geb­nisse wurden in der Fach­zeit­schrift „Royal Society Open Science“ ver­öf­fent­licht.

Quelle: biermann-medizin.de

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