Recht auf Teilhabe auch für ältere Menschen mit Seh­ein­schränk­ung verwirklichen

DBSV und BAGSO präsentieren For­de­rungs­ka­ta­log

Die Corona-Pandemie hat bekannte Probleme seh­be­hin­der­ter und blinder Seniorinnen und Senioren verschärft, so dass sie es in den vergangenen Monaten noch schwerer hatten, am gesell­schaft­li­chen Leben teilzuhaben. Der ohnehin nicht einfache Zugang zu medizinischer Versorgung und zu the­ra­peu­ti­schen Maßnahmen war zusätzlich massiv beein­träch­tigt; viele der derzeit boomenden digitalen Angebote wie Online-Shopping und das Fami­li­en­tref­fen per Video­platt­form sind nach wie vor nicht barrierefrei nutzbar.

Doch schon vor der Pandemie galt, dass die Folgen von Seh­be­hin­de­rung und Blindheit im Alter viel zu oft übersehen, unterschätzt und nicht hinreichend berück­sich­tigt werden. Das muss sich dringend ändern, verlangen der Deutsche Blinden- und Seh­behinderten­verband (DBSV) und die BAGSO – Bun­des­a­r­beits­ge­mein­schaft der Seni­o­ren­or­ga­ni­sa­ti­o­nen. Im Rahmen einer Online-Pres­se­kon­fe­renz, die am 24. Juni anlässlich der 3. Fachtagung „Sehen im Alter“ stattfand, haben DBSV-Präsident Klaus Hahn und Franz Müntefering, Vorsitzender der BAGSO, gemeinsam ein Papier vorgestellt. Darin fordern beide Verbände die kommende Bun­des­re­gie­rung mit Nachdruck zu verstärkten Bemühungen in acht Themenfeldern auf.

Mehr als 18 Millionen Menschen in Deutschland sind älter als 65 Jahre. Mit fort­s­chrei­ten­dem Alter steigt auch das Risiko für Augen­erkrankungen, die unerkannt oder unbehandelt zum Sehverlust führen können. Die Folgen für Betroffene sind teils fatal: Viele ziehen sich zurück, was oft zu sozialer Isolation führt. Häufig fehlt es an geeigneten Informations-, Beratungs- und Unter­stüt­zungs­an­ge­bo­ten. „Im Grundgesetz Artikel 3 steht, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Das gilt selbst­ver­ständ­lich auch für blinde und sehbehinderte Menschen“, sagt Franz Müntefering, Vorsitzender der BAGSO und ehemaliger Bun­des­mi­nis­ter für Arbeit und Soziales.

Was geschehen muss, damit auch blinde und sehbehinderte Seniorinnen und Senioren ihr Recht auf gesell­schaft­li­che Teilhabe ausüben können, haben DBSV und BAGSO in ihrem For­de­rungs­ka­ta­log konkretisiert. Deutlichen Ver­bes­se­rungs­be­darf sehen beide Orga­ni­sa­ti­o­nen etwa in der augen­ärzt­lichen Versorgung von Menschen in Pflege­ein­richt­ungen. „Viel zu oft werden Seh­ein­schränk­ungen in der Pflege nicht erkannt, mit der Folge, dass zahlreiche sehbehinderte Menschen fälsch­li­cher­weise für renitent oder dement gehalten werden“, erklärt DBSV-Präsident Klaus Hahn. Hier gebe es eine Lücke in der Ausbildung des pflegenden und medizinischen Fachpersonals, die dringend geschlossen werden müsse, so der Münsteraner Jurist.

DBSV und BAGSO fordern außerdem qualifizierte Reha­bi­li­ta­ti­ons­an­ge­bote, die Betroffenen den Umgang mit einem Sehverlust erleichtern. „Wer einen Schlaganfall erleidet, hat danach Anspruch auf Reha­bi­li­ta­tion, um mit der neuen Situation zurecht­zu­kom­men – was absolut Sinn macht“, erklärt der DBSV-Präsident. „Auch ein Sehverlust hat massive Auswirkungen auf den Alltag, und trotzdem gibt es bisher kein automatisch einsetzendes ‚Reha-Programm‘, das die Menschen auffängt und sie unterstützt. Das muss sich dringend ändern!“ Damit Seniorinnen und Senioren auch tatsächlich von neuen Prä­ven­ti­ons­an­ge­bo­ten und medizinischen Behandlungen profitieren können, müssten diese zudem auch bei ihnen ankommen. „Früh­er­ken­nung und Behandlung dürfen nicht nur eine medizinische Möglichkeit sein, sie müssen auch überall im Land realisierbar sein“, so der BAGSO-Vorsitzende Müntefering.

Das For­de­rungs­pa­pier von DBSV und BAGSO enthält Vorschläge für Maßnahmen in acht Themenfeldern, in denen blinde und sehbehinderte ältere Menschen bislang viel zu oft Benach­tei­li­gun­gen erfahren. Das vollständige Dokument finden Sie unter: https://www.sehenimalter.org/acht-forderungen

Auch bei einer öffentlichen Live-Übertragung von der Fachtagung wird es um die Themenfelder des For­de­rungs­pa­piers gehen:
„Status Quo, Hand­lungs­be­darf und Perspektiven“ – Podi­ums­dis­kus­sion

Samstag, 26. Juni 2021, 10:30 bis 11:45 Uhr

Mit:

  • Corinna Rüffer, Mitglied des Deutschen Bundestages, Sprecherin für Behin­der­ten­po­li­tik, Bündnis 90/Die Grünen
  • Prof. Dr. Claudia Schmidtke, Pati­en­ten­be­auf­tragte der Bun­des­re­gie­rung, CDU
  • Andreas Bethke, Geschäfts­füh­rer des Deutschen Blinden- und Seh­behinderten­verbandes e. V. (DBSV)
  • Dr. med. Peter Heinz, 1. Vorsitzender des Berufs­ver­ban­des der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA)
  • Franz Müntefering, Vorsitzender der BAGSO – Bun­des­a­r­beits­ge­mein­schaft der Seni­o­ren­or­ga­ni­sa­ti­o­nen e.V.

Moderation: Dörte Maack

Livestream unter www.sehenimalter.org

Quelle: Deutscher Blinden- und Seh­behinderten­verband e. V. , Pres­se­spre­cher Volker Lenk

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