Politik muss Früh­er­ken­nung auf die Agenda setzen

Im Vorfeld der 4. Fachtagung „Sehen im Alter“ machen die Veranstalter darauf aufmerksam, dass es für wichtige alters­be­dingte Augen­erkrankungen nicht genügend Früh­er­ken­nungs­pro­gramme gibt.

Gutes Sehen bis ins hohe Alter ist wichtig – zur Wahrnehmung der Umwelt und zur Wahrung der Teilhabe im Alltag, aber bei­spiels­weise auch zur Prävention von Stürzen. „Aufgrund der alternden Gesellschaft steigt in Deutschland derzeit die Zahl der von Augen­krank­heiten Betroffenen kon­ti­nu­ier­lich an“, erklärt der Deutsche Blinden- und Seh­behinderten­verband e. V. (DBSV), der die Fachtagung in Kooperation mit der BAGSO – Bun­des­a­r­beits­ge­mein­schaft der Seni­o­ren­or­ga­ni­sa­ti­o­nen e. V. organisiert.

Augen­volks­krank­hei­ten wie das Glaukom könnten unbehandelt zum Sehverlust oder gar zur Erblindung führen, betont der DBSV. Bislang aber gebe es nur vereinzelte Früh­er­ken­nungs­pro­gramme, von denen die Patienten häufig noch nicht einmal wüssten. Anlässlich der Fachtagung „Sehen im Alter“ am 14. und 15. Juni in Bonn kritisiert auch Prof. Robert P. Finger, Direktor der Universitäts-Augenklinik Mannheim, dass sich in aktuellen gesund­heits­po­li­ti­schen Maßnahmen weder die besondere Bedeutung des Sehens noch der wachsende Hand­lungs­be­darf aufgrund zunehmender Zahlen von Augen­erkrankungen widerspiegele.

Für die drei Volks­krank­hei­ten der Augen – die Alters­abhängige Makula­degeneration (AMD), Glaukom und Netz­haut­erkrankungen als Folge von Diabetes – gibt es aktuell noch keine Heilung. „Eine rechtzeitige Diagnose und frühe Behandlung können jedoch zur Vermeidung des drohenden Sehverlustes beitragen oder einen solchen zumindest deutlich hinauszögern“, sagt Finger. „Doch die dringend notwendigen Früh­er­ken­nungs­pro­gramme gibt es bislang nur für diabetische Augen­erkrankungen – und auch diese werden nur von rund 65 Prozent der Menschen mit Diabetes wie empfohlen mindestens alle zwei Jahre genutzt.“ Für Glaukom und AMD gebe es überhaupt keine Früh­er­ken­nungs­pro­gramme. „Dabei wissen wir, dass Menschen mit bereits erkrankten Verwandten ein erhöhtes Risiko haben, ebenfalls daran zu erkranken. Eine Kontrolle speziell in dieser Risikogruppe wäre absolut sinnvoll, da beide Erkrankungen in Frühstadien keine Symptome verursachen und deshalb meist unbemerkt bleiben“, so Finger. 

Aufklärung, Früh­er­ken­nung und Forschung kombinieren

Der Experte setzt sich daher für eine Wei­ter­ent­wick­lung der Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men ein. „Bei­spiels­weise sind die wis­sen­schaft­li­chen Grundlagen für Methoden zur Früh­er­ken­nung von AMD gut erforscht und alle notwendigen Verfahren bereits verfügbar“, erklärt Finger. Von einer AMD seien rund 25 Prozent der über 60-Jährigen betroffen. Allerdings gebe es noch nicht genug Studien und Daten darüber, wie eine Früh­er­ken­nung in der Praxis funktioniere und wie wirksam sie für die gesamte Bevölkerung und besonders gefährdete Gruppen sei. Insbesondere die Frage, ob der Nutzen den Aufwand rechtfertige, sei noch zu klären.
Wichtig ist ihm jedoch, dass nicht nur diese Grundlagen weiter erforscht werden. Vielmehr müssten all diese Programme mit Auf­klä­rungs­kam­pa­gnen unterstützt werden. „Denn das beste Früh­er­ken­nungsprogramm nutzt nichts, wenn die Bevöl­ke­rungs­grup­pen, die angesprochen werden sollen, über die Maßnahmen nicht informiert sind und sie folglich auch nicht in Anspruch nehmen“, so Finger abschließend.

Anmerkung der Veranstalter

Die 4. Fachtagung „Sehen im Alter“ wird vom Deutschen Blinden- und Seh­behinderten­verband e. V. (DBSV) in Kooperation mit der BAGSO – Bun­des­a­r­beits­ge­mein­schaft der Seni­o­ren­or­ga­ni­sa­ti­o­nen e. V. organisiert. Sie wird durch die Aktion Mensch gefördert und zudem unterstützt durch die Novartis Pharma GmbH und die Roche Pharma AG.

Akti­ons­bünd­nis „Sehen im Alter“

Das Akti­ons­bünd­nis „Sehen im Alter“ wurde vor zehn Jahren während der ersten Fachtagung „Sehen im Alter“ in Bonn initiiert. Die Hauptziele des Bündnisses lauten „vermeidbaren Sehverlust verhindern, Unter­stüt­zung bei Sehverlust optimieren“. Diese Ziele werden in der „Bonner Erklärung“ definiert. Initiatoren und Erst­un­ter­zeich­ner waren der DBSV und die BAGSO. Weitere Orga­ni­sa­ti­o­nen und Pri­vat­per­so­nen haben für die Umsetzung der Ziele ihre Unter­stüt­zung zugesichert. Die Initiative bietet eine Plattform, gemeinsam Lösungs­an­sätze und abgestimmtes Handeln zu entwickeln. Erste Ergebnisse sind zum Beispiel gemeinsam mit der BZgA her­aus­ge­ge­bene Materialien und erste regionale Bündnisse. Weitere Informationen unter: https://www.sehenimalter.org/akti­ons­buend­nis

Quelle: biermann-medizin.de

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